"Nicht mit uns" Grummeln in der Koalition
29.10.2007, 08:06 UhrDie SPD hat nach Darstellung ihres neuen Vize-Vorsitzenden Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesparteitag in Hamburg keinen politischen Kurswechsel eingeleitet. "Von Linksruck kann keine Rede sein", sagte der Bundesaußenminister. "Kurt Beck steht nicht für einen Linksruck der Partei. Er ist ein Pragmatiker und wird nicht zulassen, dass sich die SPD von ihrer Politik nah bei den Menschen verabschiedet und weg von der Mitte rückt."
Dagegen sieht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Sozialdemokraten von ihrem bisherigen Kurs abrücken. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass die SPD angesichts von weniger Mitgliedern und auch nicht zufriedenstellenden Umfragen sich gesagt hat: "Wir machen einen solchen Linksruck"", sagte die CDU-Vorsitzende. Auch CSU-Chef Erwin Huber bescheinigte der SPD einen "Linksdrall". Die SPD "bewegt sich von der Koalition weg", sagte er. Huber warf der Sozialdemokraten eine "Anbiederung" an die Linke vor. "Das Regieren wird härter und schwieriger, die SPD wird unberechenbarer und unzuverlässiger."
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla kündigte an, dass die Union die Umsetzung zentraler Beschlüsse des Parteitages verhindern werde. "Die SPD ist ja sehr wankelmütig, weil jetzt bei ersten Anzeichen auf dem Höhepunkt einer konjunkturellen Entwicklung alles gleich wieder zurückgenommen werden soll. Das wird es mit uns nicht geben", sagte er bei n-tv.
Der Linke-Vorsitzende Oskar Lafontaine wertete den SPD-Parteitag als "Versuch einer Kurskorrektur". Er verwies vor allem auf den SPD-Beschluss zum Arbeitslosengeld für Ältere. Lafontaine kritisierte zugleich, dass die SPD keine Antwort auf die Fragen gebe, die die Menschen wirklich bewegten. "Die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland spürt vom Aufschwung nichts." Dem Berliner "Tagesspiegel" sagte Lafontaine: "Ohne die Linkspartei hätte Beck die bescheidenen Korrekturen, die die SPD jetzt beschlossen hat, nicht ins Auge gefasst."
Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, sprach von einem "inhaltlichen Neuanfang der SPD". In der "Frankfurter Rundschau" mahnte er zugleich weitere Korrekturen an den Sozialreformen an. Die SPD müsse sich bis zur Bundestagswahl 2009 auch von der Rente mit 67 verabschieden. "Sonst wird es die SPD bei den Arbeitnehmern sehr schwer haben."
Zahlreiche Sozialdemokraten begrüßten die Ergebnisse des Parteitages. Niedersachsens SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner sprach von einem "Schub" für SPD für die Landtagswahl in drei Monaten. "Das soziale Profil der SPD ist bestätigt und bestärkt worden", sagte er der Deutschen Presseagentur. Sachsen-Anhalts SPD-Chef Holger Hövelmann sagte, er erwarte vom in Hamburg verabschiedeten Grundsatzprogramm "Schwung nach innen und außen". Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte, die Sozialdemokraten hätten nun als erste ein Programm, das Antworten auf die Fragen der politischen und ökonomischen Globalisierung gebe.
Quelle: ntv.de