Politik

Durchbruch bei Jobcenter-Reform Grundgesetz wird angepasst

Die schwarz-gelbe Regierung einigt sich mit der SPD auf eine Grundgesetzänderung, um die Zusammenarbeit von Kommunen und Arbeitsagenturen auch weiterhin zu ermöglichen. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit einem Urteil eine Änderung notwendig gemacht.

Von der Leyen wird die Einigung in ein Gesetz gießen müssen.

Von der Leyen wird die Einigung in ein Gesetz gießen müssen.

(Foto: REUTERS)

Der Weg für die notwendige Neuorganisation der Jobcenter ist frei. Nach monatelangem Streit einigte sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe von Union, FDP und SPD auf die Grundzüge einer Reform. Kernpunkt ist eine Änderung des Grundgesetzes, damit die Jobcenter Langzeitarbeitslose wie bisher betreuen können.

"Damit soll die Vermittlung und Betreuung von Langzeitarbeitslosen aus einer Hand gewährleistet werden", teilte das Ministerium von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen mit, ohne Details zu nennen. Zudem könne die Zahl der Optionskommunen deutlich erhöht werden, was ein Anliegen der Union war. Die sogenannten Optionskommunen kümmern sich in Eigenregie um die Hartz IV-Empfänger. Sie soll von jetzt 69 auf maximal 110 steigen. Die zeitliche Befristung für die bestehenden Optionskommunen wird aufgehoben. Während der Landkreistag dies begrüßte, kam Kritik von Gewerkschaften und Linkspartei.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Mischverwaltung von Arbeitsagenturen und Kommunen in den 345 Jobcentern als verfassungswidrig beanstandet und eine Neuregelung bis Ende 2010 verlangt. Um beim bisherigen Modell bleiben zu können, muss das Grundgesetz geändert werden. Für die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit braucht die schwarz-gelbe Koalition die Stimmen der SPD. Das Verhandlungsergebnis soll am Mittwochabend einer Spitzenrunde der Koalition und der SPD zur Entscheidung vorgelegt werden. In der Runde ist auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder dabei, der vor einem Jahr den damaligen Kompromiss gekippt hatte.

Bund trägt Hauptlast

In die Hartz-IV-Grundsicherung fließen etwa 50 Milliarden Euro jährlich. Den Großteil davon zahlt der Bund. Allein in diesem Jahr sind im Bundesetat rund 38 Milliarden Euro für Ausgaben rund um das Arbeitslosengeld II veranschlagt. Bei den Kommunen fallen etwa zwölf Milliarden Euro für die Wohnungskosten der Hartz-IV-Bezieher an.

Die Zusammenarbeit bei den Jobcentern soll durch eine Verfassungsänderung erhalten bleiben.

Die Zusammenarbeit bei den Jobcentern soll durch eine Verfassungsänderung erhalten bleiben.

(Foto: dpa)

In den Jobcentern werden die Anträge auf Arbeitslosengeld II bearbeitet sowie Fördermaßnahmen und soziale Hilfe für die Langzeitarbeitslosen und ihre Familienangehörigen auf den Weg gebracht. Bisher arbeiten Kommunen und Arbeitsagenturen in 346 Jobcentern eng zusammen. 69 Kommunen erhielten bei Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 aber die Option, die Betreuung in Alleinregie ohne Bundesagentur für Arbeit zu übernehmen. Das Geld dafür bekommen sie größtenteils vom Bund.

Im Grundgesetz abgesichert werden soll den Angaben zufolge, dass im Regelfall Kommunen und Arbeitsagenturen die Jobcenter gemeinsam einrichten. Für deren Hartz-IV-Bezieher bliebe damit alles wie bisher. Ohne Grundgesetzänderung hätten die Jobcenter aufgespalten werden müssen. Die Bezieher von Arbeitslosengeld II hätten dann wieder mehrere Anlaufstellen gehabt. Diese gemeinsamen Jobcenter sollen in ihrer internen Organisation gestärkt werden, damit Reibereien zwischen Kommunen und Arbeitsagenturen den Betrieb nicht lähmen.

Gemischte Reaktionen

Hessens Ministerpräsident Roland Koch, der ein Verfechter der Optionskommunen ist und auf einer Verfassungsänderung für den Erhalt der Jobcenter bestanden hatte, lobte die Einigung. Sie sei ein "Erfolg im Interesse der bestmöglichen Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen und eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung". Auch der Landkreistag begrüßte den Kompromiss. "Das gibt weiteren Landkreisen und Städten Gelegenheit zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung der Betreuung von Langzeitarbeitslosen", erklärte sein Präsident Hans Jörg Duppré.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte dagegen die mögliche Ausweitung der Optionskommunen und warnte vor einer weiteren Zersplitterung der Zuständigkeiten. "Für jeden Menschen muss im Fall von Arbeitslosigkeit gleicher Zugang zu Unterstützung und Förderung sichergestellt sein", forderte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Linken-Vize Katja Kipping sprach von einer "Einigung auf dem Rücken der Betroffenen". Die Ausweitung der Optionskommunen sei der falsche Weg, weil sie zu einem Flickenteppich der Zuständigkeiten führe.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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