Politik

"Bedaure jedes zivile Opfer" Guttenberg verteidigt Angriff

Verteidigungsminister Guttenberg hält die von der Bundeswehr angeordneten Luftangriffe auf zwei entführte Tanklastwagen in Afghanistan für "militärisch angemessen". Er geht zudem davon aus, dass es bei dem Militärschlag zivile Opfer gegeben hat.

Eventuelle Verfahrensfehler müssen untersucht werden, sagte Verteidigungsminister Guttenberg. Der Angriff sei aber grundsätzlich angemessen gewesen.

Eventuelle Verfahrensfehler müssen untersucht werden, sagte Verteidigungsminister Guttenberg. Der Angriff sei aber grundsätzlich angemessen gewesen.

(Foto: AP)

Der Minister hegt offenbar keine Zweifel an der Einschätzung von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, "nämlich dass die Militärschläge und die Luftschläge vor dem Gesamtbedrohungshintergrund als militärisch angemessen zu sehen sind", wie er in Berlin sagte.

Daneben führte er einen "wichtigen politischen Punkt" an, wonach der NATO-Untersuchungsbericht Verfahrensfehler festgestellt habe. Darüber müsse gesprochen werden, sagte Guttenberg.

Oberst Klein droht ein Ermittlungverfahren.

Oberst Klein droht ein Ermittlungverfahren.

(Foto: dpa)

Hochrangige NATO-Offiziere sagten in Brüssel, aus dem Bericht gehe hervor, dass der Bundeswehr-Oberst mit seinem Befehl zur Bombardierung gegen Befehle und Dienstanweisungen verstoßen haben. Vor allem hätte Klein nicht selbst die Bombardierung durch US-Kampfjets anordnen dürfen.

"Machtdemonstration"

Die Entscheidung zur Bombardierung hätte nur der Kommandeur der Afghanistan-Schutztruppe ISAF, US-General Stanley McChrystal, treffen dürfen. Die von McChrystal beauftragten Untersucher seien - so NATO-Militärs - zu dem Ergebnis gekommen, "dass der Vorfall nicht hätte passieren können, wenn alle Befehle und Vorschriften eingehalten worden wären".

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, erklärte der deutsche NATO-Befehlshaber Egon Ramms, dass die US-Piloten vor dem Luftangriff wiederholt um Bestätigung des Befehls gebeten hatten. Sie baten offenbar auch darum, vor einem Bombenabwurf auf die Tanklastzüge die versammelten Leute durch eine Machtdemonstration zu verscheuchen, wie Ramms zitiert wird. Ramms ist einer der ranghöchsten deutschen Offiziere bei der NATO.

"Keine letzte Gewissheit"

Guttenberg sagte weiter, dass er davon ausgehe, "dass es zivile Opfer gab", obgleich die Berichte darüber widersprüchlich seien. "Auch wenn keine letzte Gewissheit laut Bericht gegeben sein mag, ich selbst gehe davon aus." Bei dem Luftangriff sind möglicherweise bis zu 142 Menschen ums Leben gekommen.

Er fügte hinzu, dass er "jedes zivile, jedes unbeteiligte Opfer von Herzen bedauere". Es müsse alles getan werden, um zivile Opfer in Zukunft zu vermeiden. Guttenberg hatte zuvor Vertreter der Bundestagsfraktionen über seine Sicht zu dem NATO-Bericht informiert.

Die Tanklastzüge am Tag nach ihrer Bombardierung.

Die Tanklastzüge am Tag nach ihrer Bombardierung.

(Foto: AP)

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erklärte, dass die juristische Aufarbeitung des Militärschlags vom 4. September noch geraume Zeit andauern werde. Angesichts der komplexen Rechtsfragen werde "die weitere Prüfung einige Zeit in Anspruch nehmen". Zuvor hatte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden der Karlsruher Behörde ihre Akten zu der Frage vorgelegt, ob gegen den deutschen Oberst Georg Klein ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden soll.

Bewaffneter Konflikt?

Zur Begründung hatte die Generalstaatsanwaltschaft erklärt, dass es sich in Afghanistan um einen bewaffneten Konflikt im Sinne des Völkerstrafgesetzbuches handeln könne. In diesem Fall wäre die Bundesanwaltschaft nach dem Gerichtsverfassungsgesetz für die weiteren Ermittlungen zuständig.

Wenn es sich tatsächlich um einen solchen bewaffneten Konflikt handele, würde dies, so die sächsische Anklagebehörde, nicht nur zur Anwendung des Völkerstrafgesetzbuches führen, sondern auch zu den Regeln des humanitären Völkerrechts. Dann könnten völkerrechtskonforme Militäreinsätze innerhalb des Mandats der Vereinten Nationen grundsätzlich gerechtfertigt sein.

Die Karlsruher Anklagebehörde machte aber in ihrer Mitteilung bereits deutlich, dass sie nach ersten Prüfungen aufgrund mehrerer Strafanzeigen wegen des Luftangriffs derzeit keine Anhaltspunkte für eine Tat nach dem Völkerstrafgesetzbuch sieht. Die nunmehr aus Dresden übermittelten Unterlagen "bedürfen einer Überprüfung daraufhin, ob sich aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen eine abweichende Bewertung ergibt", heißt es in der Erklärung.

Quelle: ntv.de, fma/dpa/AFP

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