"Kommen viele Fragen auf" Guttenberg weist Vorwürfe zurück
09.12.2009, 16:48 UhrVerteidigungsminister Guttenberg wehrt sich gegen Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner ersten Bewertung des Luftangriffs bei Kundus. Für die Grünen bleibt dennoch unverständlich, wie Guttenberg am 6. November zu seiner Schlussfolgerung der "militärischen Angemessenheit" hatte kommen können.

Guttenberg hatte den Rot-Kreuz-Bericht über zivile Opferzahlen bereits am 6. November erhalten.
(Foto: REUTERS)
Guttenbergs Sprecher Steffen Moritz verwies darauf, dass der Minister bereits bei der Pressekonferenz am 6. November auf einen Rot-Kreuz-Bericht hingewiesen hatte, in dem von zahlreichen zivilen Opfern die Rede ist. Guttenberg hatte den Bericht kurz zuvor auf den Tisch bekommen. Daraufhin hatte er erklärt, es gebe unterschiedliche Berichte zu den Opferzahlen. Dennoch bezeichnete der Minister die Bombardierung zweier gestohlener Tanklaster, die ein deutscher Oberst am 4. September angefordert hatte, als "militärisch angemessen".
Kritik an dieser Bewertung kommt von Omid Nouripour, der für die Grünen im Verteidigungsausschuss des Bundestags sitzt. "Mir fehlt einfach die Phantasie, wie man zu so einem Ergebnis kommen kann", sagte Nouripour gegenüber n-tv.de. Nachdem bereits der Bericht des Roten Kreuzes vorgelegen habe, hätte Guttenberg anders reagieren müssen. Bisher hätten die Grünen stets angeboten, dem Minister zu helfen, "die Missstände in seinem Haus in den Griff zu bekommen", so Nouripour. "In den letzten Tagen kommen aber auch viele Fragen auf, die ihn selber betreffen."
Bewertung korrigiert
Guttenberg hatte seine erste Bewertung vergangene Woche korrigiert und bezeichnet den Luftangriff inzwischen nicht mehr als militärisch angemessen. Zu dieser Einschätzung habe er nicht früher kommen können, da ihm wichtige Berichte vorenthalten worden seien, argumentierte der CSU-Politiker. Die Opfer und ihre Hinterbliebenen sollen nun entschädigt werden.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) kommt in seiner streng vertraulichen Einschätzung laut "Stern" zu dem Schluss, dass der Luftangriff "nicht im Einklang mit dem internationalen Völkerrecht" stehe. Dafür habe es mit 74 Toten zu viele zivile Opfer gegeben, darunter auch acht-, zehn- und zwölfjährige Kinder. Das Rote Kreuz habe es damals auch als unwahrscheinlich erachtet, dass die Taliban die beiden gestohlenen Tanklaster zu rollenden Bomben umbauen und gegen die Bundeswehr einsetzen wollten. Die Lastwagen hätten entgegen der Fahrtrichtung zum deutschen Lager in einer Sandbank festgesteckt, als sie am 4. September bombardiert wurden. Für das Bundeswehr-Camp habe keine unmittelbare Bedrohung bestanden.
Opferzahl unklar
Wie viele Menschen bei dem Luftangriff ums Leben kamen, ist unklar. Ein Untersuchungsbericht der afghanischen Regierung sprach von 30 toten Zivilisten, ein geheimer Nato-Bericht geht von bis zu 142 Toten insgesamt aus. Mit dem Fall wird sich ein Untersuchungsausschuss befassen. Außerdem prüft die Bundesanwaltschaft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den verantwortlichen deutschen Oberst.
Auftrag für Kundus-Untersuchungsausschuss
Unterdessen sollen sich Fachleute aller fünf Fraktionen nach Angaben aus Bundestagskreisen auf einen Arbeitsauftrag für den Untersuchungsausschuss zum umstrittenen Luftangriff bei Kundus geeinigt haben. Der Text solle am kommenden Mittwoch im Verteidigungsausschuss endgültig verabschiedet werden, hieß es in Berlin. Auch die schwierige Frage, wie stark die Öffentlichkeit bei den Beratungen zugelassen werde, solle dann geklärt werden.
Quelle: ntv.de, ghö/rts