Politik

NATO kündigt Übergabe ab 2010 an Guttenberg will Erfolge sehen

Acht Jahre nach Beginn des internationalen Engagements in Afghanistan hat Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg deutliche Erwartungen an die Regierung in Kabul formuliert. Präsident Hamid Karsai soll konkrete Schritte unternehmen, dies habe er freundlich, aber klargesagt.

Guttenberg und sein afghanischer Amtskollege Wardak (r).

Guttenberg und sein afghanischer Amtskollege Wardak (r).

(Foto: dpa)

Zu Guttenberg forderte von der neuen afghanischen Regierung klare Zielmarken für die weitere Entwicklung des Landes. "Wir müssen Erfolge sehen", sagte der CSU-Politiker bei einem nicht angekündigten Besuch in der afghanischen Hauptstadt Kabul. In einigen Bereichen habe es Erfolge, in anderen Stagnation gegeben.

Nach den USA, Großbritannien und den Vereinten Nationen forderte auch Guttenberg Präsident Hamid Karsai zu konkreten Schritten auf. "Wir stehen zu unserem Einsatz, aber wir wollen wissen, was die afghanische Regierung als nächste Ziele plant." Karsai war in der vergangenen Woche nach einer hoch umstrittenen Wahl im Amt bestätigt worden.

Guttenberg fordert neue völkerrechtliche Einordnung

Der Bundesverteidigungsminister fordert "eine neue völkerrechtliche Einschätzung" des Begriffs "Krieg".

Der Bundesverteidigungsminister fordert "eine neue völkerrechtliche Einschätzung" des Begriffs "Krieg".

(Foto: REUTERS)

Zugleich bekräftigte Guttenberg bei seinem Antrittsbesuch, dass er Verständnis für das Gefühl der Bundeswehr-Soldaten habe, sich in einigen Gebieten in Afghanistan im Krieg zu befinden. Ihm gehe es darum, gegenüber der deutschen Bevölkerung realistisch auszusprechen, was ist. Er sagte vor deutschen Soldaten im ISAF-Hauptquartier: "Sie haben gemerkt, dass es eine andere Wortwahl gibt." Guttenberg hatte nach seinem Amtsantritt von "kriegsähnlichen Zuständen" in Afghanistan gesprochen. Er betonte jetzt in Kabul, das sei nicht gleichzusetzen mit Krieg. "Wir haben aber auch eine neue völkerrechtliche Einschätzung zu diskutieren."

Der Verteidigungsminister besucht die Truppe.

Der Verteidigungsminister besucht die Truppe.

(Foto: dpa)

Bei den deutschen Soldaten in Kabul kamen Guttenbergs Worte gut an. Die Beschreibung des Ministers komme der Realität am nächsten, sagte einer von ihnen. "Die Politiker in Deutschland haben den großen Vorteil, dass sie weit weg sind von Afghanistan. Wir sind der Gefahr hier jeden Tag ausgesetzt, deshalb es ist zu begrüßen, wenn das auch so benannt wird."

Guttenberg will offen über einen Ausstieg aus Afghanistan diskutieren.

Guttenberg will offen über einen Ausstieg aus Afghanistan diskutieren.

(Foto: AP)

Im Ehrenhain von Masar-i-Scharif gedachte Guttenberg der beim Einsatz in Nordafghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten. Am Freitag wollte Guttenberg dem bei Kundus gelegenen Wiederaufbauteam (PRT) der Bundeswehr einen Besuch abstatten.

"Sankt-Nimmerleins-Haltung" nicht mehr tragbar

Bei einem Gefecht in der nordafghanischen Region Char Darah wurde am Mittwoch ein Bundeswehrsoldat verwundet. Im Magazin "Stern" machte Guttenberg klar, dass die Frage eines Abzugs der Deutschen aus Afghanistan politisch immer bedeutender werde, sollten sich dort die Verhältnisse nicht verbessern. "Die Sankt-Nimmerleins-Haltung ist politisch nicht mehr tragbar. Das Wort "Exit-(Ausstiegs)-Strategie" nehmen wir nicht mehr nur verschüchtert in den Mund, wie noch vor ein, zwei Jahren." Guttenberg lehnt es aber ab, ein Abzugsdatum zu nennen.

NATO will ab 2010 Verantwortung übergeben

Die NATO will die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan bereits ab dem kommenden Jahr an die Afghanen übergeben. Das kündigte der Generalsekretär der Militärallianz, Anders Fogh Rasmussen, nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Gordon Brown in London an. "Solch eine Übergabe kann schon nächstes Jahr in einigen Bezirken Afghanistans beginnen", sagte Rasmussen dem Fernsehsender Sky News. Davon könnte nach Angaben aus der NATO auch die Bundeswehr betroffen sein.

Hintergrund für die Übergabepläne ist der immer lauter werdende Ruf nach einem Abzug aus Afghanistan in vielen der 28 Mitgliedstaaten des Bündnisses. Die NATO will den afghanischen Sicherheitskräften deshalb schrittweise die Verantwortung übergeben.

Nach Einschätzung des Oberkommandierenden der Internationalen Afghanistan-Truppe (ISAF), Stanley McChrystal, müsste die NATO dafür 400.000 afghanische Soldaten und Polizisten ausbilden. Das ist mehr als doppelt so viel als bisher geplant. Bereits jetzt hinken die Ausbildungsbemühungen der NATO und der EU aber hinter den Ansprüchen her.

Vorgehen der US-Truppen gebilligt

Im Hauptquartier der Internationalen Schutztruppe ISAF kam Guttenberg auch mit McChrystal zusammen. Thema der Gespräche solle auch das verstärkte Eingreifen der USA in Nordafghanistan sein, sagte Guttenberg zuvor. Er machte deutlich, dass er das verstärkte Vorgehen von US-Elitetruppen gegen die radikal-islamischen Taliban im deutschen Einsatzgebiet grundsätzlich billigt. "Ich sehe das prinzipiell nicht negativ", sagte der Minister. Die Aktionen der US-Truppen sorgten in der Unruheregion Kundus für mehr Sicherheit. Bisher sei die Abstimmung sehr gut. Es sei wichtig, dass dies auch in Zukunft so bleibe.

US-Spezialkräfte hatten zuletzt verstärkt in der eigentlich von den Deutschen kontrollierten Region Kundus eingegriffen. Gemeinsam mit Hunderten afghanischen Soldaten töteten sie Anfang November nach eigenen Angaben mindestens 130 Taliban in und um den Bezirk Chahar Darrah nahe der Stadt Kundus.

Die Bundeswehr war auch von Seiten der USA in die Kritik geraten, als sie im gleichen Gebiet einen US-Luftangriff auf zwei von den Taliban entführte Tanklaster angeordnete hatte. Bei der Bombardierung starben nach Angaben der afghanischen Regierung neben 69 Taliban auch 30 Zivilisten. Guttenberg hatte sich hinter die deutschen Soldaten gestellt und den Angriff als militärisch angemessen verteidigt. Derzeit prüft die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe den Vorfall.

Deutschland drittgrößter Truppensteller

Deutschland ist mit 4520 Soldaten drittgrößter Truppensteller am Hindukusch hinter den USA und Großbritannien. Der Bundestag entscheidet im Dezember über die Verlängerung des Mandates für die Beteiligung der Bundeswehr an der ISAF. Die Obergrenze des Mandats beläuft sich auf 4500 Mann. Sie darf bei Kontingentwechseln kurzfristig überschritten werden. Das ist derzeit der Fall. In der Regel bleiben Soldaten etwa vier Monate im Afghanistan-Einsatz. Wenn die eine Truppe nach Hause fliegt, rückt die nächste nach. Dabei kommt es mitunter zu Überschneidungen.

Quelle: ntv.de, hdr/dpa/rts/AFP

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