Senkung der Mehrwertsteuer Guttenberg will, Merkel nicht
11.03.2009, 15:13 UhrNach der Lockerung in der Europäischen Union bahnt sich in der Großen Koalition ein neuer Konflikt über niedrigere Mehrwertsteuersätze in bestimmten Branchen an. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zeigte sich offen für einen solchen Vorstoß. Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Ernst Hinsken (CSU), forderte einen Steuernachlass für Hotels. Sonst gebe es Wettbewerbsverzerrungen im Vergleich zu anderen EU-Ländern.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte sich dagegen hinter Finanzminister Peer Steinbrück (SPD). Sie erteilte Forderungen nach reduzierten Mehrwertsteuersätzen unter Hinweis auf die damit verbundenen Einnahmeausfälle für den Staat eine Absage.
Die EU-Finanzminister hatten sich am Dienstag nach jahrelangem Streit darauf verständigt, dass Mitgliedsstaaten in einigen lokalen Dienstleistungsbranchen eine verminderte Mehrwertsteuer erlaubt wird. Deutschland wird nach Aussagen von Steinbrück – wie andere EU-Länder – angesichts der Steuerausfälle in Milliardenhöhe von dieser Option aber nicht Gebrauch machen. Forderungen aus dem einheimischen Hotel- und Gaststättengewerbe werde er sich widersetzen, sagte Steinbrück.
Guttenberg macht Wahlkampf
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, die Aussage Steinbrücks sei mit dem Kanzleramt abgestimmt. Wenn es davon abweichende Vorstellungen gebe, dann werde – wie sonst auch bei anderen Themen – darüber innerhalb der Koalition gesprochen. Guttenberg begrüßte den EU-Beschluss: "Bei mir trifft es durchaus auf Sympathie". Bei der Eröffnung der Internationalen Handwerksmesse IHM in München sagte er weiter: "Auf die Rührung des Finanzministers müssen wir nicht warten." Allerdings werde es außerordentlich schwer, das Thema noch vor der Wahl umzusetzen.
Der reguläre Mehrwertsteuersatz beträgt in Deutschland 19 Prozent. Der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent gilt für Produkte und Dienstleistungen, die dem Gemeinwohl dienen. Begünstigt sind etwa Lebensmittel, Bücher, Zeitungen oder Leistungen im öffentlichen Personennahverkehr. Experten verweisen darauf, dass reduzierte Mehrwertsteuersätze nicht zwangsläufig zu niedrigeren Preisen führen. Unternehmen könnten bei einem Nachlass die Preise nicht entsprechend senken, der Staat hätte aber weniger Einnahmen. Andererseits könnte eine höhere Nachfrage Einnahmeausfälle kompensieren. Befürworter argumentieren auch, dass zusätzliche Arbeitsplätze entstünden.
FDP springt auf
Die FDP kritisierte die Absage Steinbrücks und forderte niedrigere Mehrwertsteuersätze für Hotels und Gaststätten. "Es kann nicht sein, dass Bundesfinanzminister Steinbrück in Brüssel reduzierten Mehrwertsteuersätzen zustimmt, diese dann in Deutschland blockiert und damit deutsche Unternehmen im Wettbewerb massiv benachteiligt", sagte der FDP-Politiker Ernst Burgbacher dem "Handelsblatt". Die FDP wolle in der kommenden Woche einen entsprechenden Gesetzesantrag im Bundestag einbringen.
Quelle: ntv.de