Abgeordnete wählen Fraktionschef wieder Gysi triumphiert über Wagenknecht
09.10.2013, 18:50 Uhr
Gysi behält den Stift in der Hand, Wagenknecht bleibt die Frau hinter ihm.
(Foto: imago stock&people)
Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht als Doppelspitze der Linken im Bundestag? Das will Gysi nicht. Nun wählen ihn die Kollegen tatsächlich zum alleinigen Fraktionschef. Wagenknecht wird nur Stellvertreterin - und sogar mit einem miesen Ergebnis abgestraft.
Gregor Gysi hat sich im Machtkampf gegen Sahra Wagenknecht durchgesetzt. Er bleibt alleiniger Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Linkspartei. Für den Spitzenkandidaten bei der vergangenen Wahl stimmten 80,6 Prozent der Abgeordneten. Zuvor hatte Gysi damit gedroht, nicht mehr zur Verfügung zu stehen, falls die streng sozialistische Wagenknecht zweite, gleichberechtigte Vorsitzende werden sollte. Wagenknecht selbst wurde mit schwachen 66,1 Prozent zu Gysis Stellvertreterin gewählt.
Beobachter erwarten nun, dass die seit vergangenem Jahr beendeten öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen den Reformern und den Fundamentalisten in der Partei wieder ausbrechen könnten. Nach den Statuten der Fraktion war eigentlich eine gleichberechtigte Doppelspitze vorgesehen. Gysis Sieg bei der Wahl ist allerdings kein richtiger Erfolg: Im Jahr 2011 hatten ihn noch 81,3 Prozent der Linke-Abgeordneten gewählt, 2009 sogar 94,7 Prozent.
Wagenknecht bleibt angriffslustig

Punktsieg für Gysi: mehr Abgeordnete stimmten für ihn als Chef als für Wagenknecht als Vize.
(Foto: dpa)
Wagenknecht kritisierte den Durchmarsch Gysis. Es sei sehr bedauerlich, dass die Fraktion seit drei Jahren im Statut eine Doppelspitze habe und sie jetzt wieder nicht besetze. Sie sei bereit gewesen, diese Lösung mitzutragen, um es nicht auf eine Zerreißprobe in der Fraktion ankommen zu lassen, sagte sie. Zugleich kündigte sie an, dass Gysi nicht für die gesamte Legislatur, also vier Jahre, alleiniger Vorsitzender bleiben kann.
Wagenknecht steht für eine deutlichere Abgrenzung von der SPD als Gysi. Zudem setzt die Lebensgefährtin von Ex-Parteichef Oskar Lafontaine höhere Hürden für Regierungsbeteiligungen als Vertreter der Reformer. Während die Fundamentalisten um die Preisgabe von Prinzipien bei Regierungsbeteiligungen fürchten, sind die Reformer eher zu Koalitionen bereit, um Teile der eigenen Ziele durchsetzen zu können.
Gysi ist so stark wie nie
Der Reformer und Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich rechtfertigte das Vorgehen Gysis. Zwar könne der 65-Jährige auch in einer Doppelspitze arbeiten. "Aber so eine Doppelspitze muss auch funktionieren. Und augenscheinlich würde es zwischen Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi nicht gut funktionieren."
Gysi ist vorerst der Gewinner und stärker denn je im Bundestag: Kommt eine Großen Koalition zustande, wird er Oppositionsführer, weil die Linke bei der Bundestagswahl im September trotz Verlusten erstmals drittstärkste Kraft wurde. Das würde beispielsweise bedeuten, dass der Gysi künftig auf Regierungserklärungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel antworten würde.
Quelle: ntv.de, jtw/rts/dpa