Politik

Neonazi-Netzwerk im Knast Häftlinge buhlten um Zschäpe

Köln Ossendorf: Hierhin wollte einer der zentralen Köpfe hinter dem Gefängnisnetzwerk vermutlich Post Schicken. In der Haftanstalt saß Zschäpe ein.

Köln Ossendorf: Hierhin wollte einer der zentralen Köpfe hinter dem Gefängnisnetzwerk vermutlich Post Schicken. In der Haftanstalt saß Zschäpe ein.

(Foto: REUTERS)

Über Kleinanzeigen und Briefe treten verurteilte Neonazis in Gefängnissen in mehreren Bundesländern miteinander in Kontakt. Sie versuchen, ein bundesweites Netzwerk zu etablieren - und darin auch die prominenteste Rechtsextreme Deutschlands, Beate Zschäpe, einzubinden.

In Deutschlands Gefängnissen keimte in den vergangenen Monaten ein bisher geheimes Netzwerk von Rechtsradikalen auf. Ein Netzwerk mit brisanten Kontakten. Wie das hessische Justizministerium nun bestätigte, versuchten federführende Köpfe der Untergrundorganisation auch Beate Zschäpe zu kontaktieren - jene inzwischen 38-Jährige, die vom 17. April an im Mittelpunkt des NSU-Prozesses stehen wird und womöglich für den Mord an neun türkisch- und griechischstämmigen Deutschen sowie einer Polizistin mitverantwortlich zeichnet.

Beate Zschäpe wird am 17. April der Prozess gemacht.

Beate Zschäpe wird am 17. April der Prozess gemacht.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das Gefängnisnetzwerk hat vermutlich schon vor eineinhalb Jahren begonnen sich aufzubauen. Damals hat Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die rechtsextremistische "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene" (HNG) verboten. Eine Organisation, die verurteilte Neonazis während ihrer Haft unterstützte. Die HNG pflegte schon in den 1990er-Jahren Kontakte zum zweiten Mitglied des NSU-Terrortrios, Uwe Mundlos. Nach dem Verbot der Organisation versuchten Neonazis offenbar eine Nachfolgeeinrichtung zu etablieren. Auch hier sollte eine Verbindung zu der Zwickauer Zelle, oder besser dem, was nach dem mutmaßlichen Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt davon übrig geblieben ist, bestehen.

Am Dienstag war bekanntgeworden, dass hessische Behörden von den Netzwerkplänen der rechtsextremen Häftlinge erfahren haben. Sie stießen laut Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn unter anderem in der Motorradzeitschrift "Bikers News" vom Oktober 2012 auf eine Kleinanzeige, die für eine rechtsgerichtete Gefangenenhilfsorganisation warb. Als Gründungsdatum sei der 20. April 2012 genannt worden, der Geburtstag von Adolf Hitler.

Hessen verschärft Kontrollen

Ermittler untersuchten daraufhin die Zellen von Verdächtigen, prüften ihre Post. Dabei stießen sie im Gefängnis Hünfeld in der Zelle eines Neonazis auf einer Liste auf Zschäpes Namen und die Anschrift in der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf, in der sie vor ihrer Verlegung nach Bayern einsaß. Bei dem Häftling handelt es sich um einen mehrfach verurteilten Straftäter aus Kassel, der als eine, wenn nicht als die zentrale Figur des enttarnten Netzwerks gilt. Unklar ist noch, ob es dem Neonazi gelungen ist, mit Zschäpe in Kontakt zu treten. Fraglich ist auch, wie weit das Netzwerk reicht.

Aus Bayern, wo Zschäpe nun in der Haftanstalt Stadelheim auf ihren Prozess wartet, hieß es, dass es keine Erkenntnisse darüber gibt, ob sich das Netzwerk womöglich schon auf den Freistaat ausgedehnt hat. In Hessen haben die Behörden sicherheitshalber schon weitere Konsequenzen aus ihrem Fund gezogen. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass die Behörden die Kontrollen bei Gefangenen verschärft haben. Vollzugsbeamte sollen sich zudem einer Fortbildung unterziehen, um rechtsextremistische Umtriebe schneller erkennen und unterbinden zu können.

Quelle: ntv.de, ieh/dpa

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