Ermordung von 29.000 Juden Haftbefehl gegen Demjanjuk
11.03.2009, 15:49 UhrDas Amtsgericht München hat gegen den als "Iwan der Schreckliche" berüchtigten früheren KZ-Wächter John Demjanjuk Haftbefehl erlassen. Wie die Staatsanwaltschaft München I mitteilte, lautet der Haftbefehl auf Verdacht der Beihilfe zum Mord an mindestens 29.000 Juden. Bevor es zum Prozess gegen den 88-Jährigen kommen kann, muss dieser aber von den USA nach Deutschland ausgeliefert werden.
Die Bundesregierung prüft nach Angaben des Bundesjustizministeriums zusammen mit den bayerischen Behörden, wie der Haftbefehl gegen Demjanjuk durchgesetzt werden kann. Dazu gebe es zwei Möglichkeiten, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Entweder der Gesuchte werde von den USA abgeschoben. Dann komme er nach Deutschland, wo der Haftbefehl vollstreckt werden könne. Als zweite Möglichkeit gebe es die Option eines Auslieferungsgesuchs an die USA. Die USA boten Deutschland unterdessen ihre Zusammenarbeit an. US-Justiz- und Außenministerium stünden in dem Fall in engem Kontakt mit den deutschen Stellen, sagte eine Sprecherin des Justizministeriums in Washington.
Dienstausweis ist echt
Nach Angaben der Münchner Staatsanwaltschaft konnte der trotz der bereits seit Monaten bestehenden Vorwürfe gegen Demjanjuk noch nicht beantragte Haftbefehl von der Ermittlungsbehörde nun doch noch beantragt werden, weil die Echtheit von Demjanjuks früherem Dienstausweis festgestellt worden sei. Der Ausweis war den deutschen Ermittlern von den US-Behörden zur Verfügung gestellt worden.
Kritik an Münchner Landgericht
Der als Iwan Demjanjuk in der heutigen Ukraine geborene 88-Jährige lebt als Staatenloser in den USA. Nach der Festnahme Demjanjuks und seiner Überstellung nach Deutschland will ihn die Staatsanwaltschaft vernehmen und gegen ihn vor dem Landgericht München II Anklage erheben. Ursprünglich hatte die Münchner Justiz ihre örtliche Zuständigkeit für das Verfahren verneint, der Bundesgerichtshof verwies das Verfahren aber in die bayerische Landeshauptstadt.
Zuletzt hatte es Kritik am Tempo der bayerischen Justiz gegeben. Der zu den Kritikern zählende Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff, sagte, er sei glücklich über die Entscheidung der bayerischen Behörden. Nun hoffe er, dass Demjanjuk am Ende doch die verdiente Strafe für seine Verbrechen erhalte. "Dies ist ein wichtiger Tag für die Justiz", sagte Zuroff.
Nicht zwei Mal Glück
Es würde einer der letzten großen Prozesse gegen einen mutmaßlichen Täter des Nazi-Regimes sein. Demjanjuk gehörte nach Recherchen der NS-Fahndungsstelle in Ludwigsburg 1943 für ein halbes Jahr zu den Wachmannschaften des NS-Vernichtungslagers Sobibor in Polen. Demjanjuk war 1988 bereits in Israel wegen anderer Vorwürfe zum Tode verurteilt worden. Dieses Urteil wurde aber wieder aufgehoben, da seine Identität nicht eindeutig geklärt werden konnte. Demjanjuk wurde deshalb wieder aus israelischer Haft entlassen und konnte in die USA zurückkehren.
Quelle: ntv.de