Explosive Stimmung im Nahen Osten Hamas droht mit Vergeltung, Israel auch
02.07.2014, 22:15 Uhr
Arabische Jugendliche aus dem Stadtteil Schuafat wollen den Tod ihres Freundes rächen.
(Foto: dpa)
Erst werden drei jüdische Jugendliche entführt und ermordet, dann wird bei Jerusalem die Leiche eines verschleppten jungen Arabers gefunden. In Ostjerusalem kommt es daraufhin zu schweren Krawallen. Beide Seiten zeigen sich unversöhnlich.
Nach dem Tod eines palästinensischen Jugendlichen in Ostjerusalem ist es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften gekommen. Hunderte Palästinenser blockierten eine Bahnlinie und bewarfen Polizisten mit Steinen. Diese feuerten mit Gummigeschossen. Der Jugendliche wurde vermutlich Opfer eines Racheaktes nach der Ermordung dreier jüdischer Schüler im Westjordanland. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte beide Seiten auf, keine Selbstjustiz zu üben. Die Polizei müsse im Fall dieses "abscheulichen Mordes" schnell ermitteln und die Motive aufklären.
Die radikalislamische Hamas kündigte umgehend Vergeltung an. Die israelische Führung werde den "Preis" für diese und andere Verbrechen der "Siedlerhorden" bezahlen, erklärte die Palästinenserorganisation. Israel trage die "direkte Verantwortung" für den Tod des Jugendlichen.
Bewohner von Schuafat, eines arabischen Vororts von Jerusalem, berichteten, der 16-Jährige sei am Dienstagabend in der Nähe eines Supermarkts in ein Auto gezerrt und verschleppt worden. Später wurde seine Leiche gefunden. Der Jugendliche wurde Anwohnern zufolge nach der Trauerfeier für die drei am 12. Juni in den besetzten Gebieten verschwundenen jüdischen Schüler verschleppt. Deren Leichen wurden am Montag gefunden. Danach gab es mehrere Racheaufrufe radikaler Israelis. Die Regierung in Jerusalem macht Hamas für die Morde verantwortlich.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, der die Entführung der jüdischen Jugendlichen verurteilt hatte, machte jüdische Siedler für die Tötung des 16-jährigen Arabers verantwortlich. Wenn Israel wirklich Frieden wolle, müsse es gegen die Mörder hart bestrafen.
Armee will gegen Hetze in eigenen Reihen vorgehen
Derweil kündigte die israelische Armee ein entschiedenes Vorgehen gegen Soldaten an, die zur Gewalt gegen Araber aufrufen. Ein Armeesprecher erklärte, im Internet "rassistische Bilder" zu veröffentlichen und "Angriffen auf Unschuldige" das Wort zu reden, vertrage sich nicht mit den Erwartungen an einen israelischen Soldaten. Der Sprecher reagierte damit auf die sich häufenden Appelle, "Rache" für die der palästinensischen Hamas-Bewegung zugeschriebene Entführung und Ermordung dreier jugendlicher Talmudschüler zu üben.
Angespannte Stimmung im Westjordanland
Nach Razzien der israelischen Armee ist die Stimmung im Westjordanland explosiv. In den vergangenen zweieinhalb Wochen durchkämmten Soldaten auf der Suche nach den Jugendlichen Städte und Dörfer, nahmen Dutzende Palästinenser fest und schlossen Einrichtungen der Hamas. Nach Angaben von Anwohnern wurden dabei bis zu sechs Palästinenser getötet. In Häusern der Familien der mutmaßlichen Täter zündeten Soldaten Sprengsätze.
In einer Neuauflage ihrer Politik der Bestrafung zerstörten israelische Sicherheitskräfte zudem das Haus eines Palästinensers, der wegen des Vorwurfs verhaftet worden wurde, im April einen israelischen Polizisten erschossen zu haben. Ein Armeesprecher sagte, die Zerstörung des Hauses im Dorf Idhna nahe der Stadt Hebron diene der Abschreckung.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa/rts