Treffen der Euro-Minister Hart an der Drei-Prozent-Grenze
08.10.2002, 12:34 UhrDeutschland droht im laufenden Jahr ein Haushaltsdefizit von über drei Prozent und damit ein "Blauer Brief" von der EU-Kommission. Die bisher nach Brüssel gemeldete Zahl von 2,9 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) enthalte Unsicherheiten wie die Hochwasserhilfe und die Schätzung der Steuereinnahmen, sagte Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser am Dienstag in Luxemburg am Rande des Finanzministertreffens.
"Dass wir sehr nahe der Drei-Prozent-Grenze sind und dass andere Mitgliedstaaten und die Kommission auf unseren Haushalt 2003 warten, brauche ich nicht zu betonen", sagte Koch-Weser.
Bei einer Überschreitung der Drei-Prozent-Marke will die Kommission für Berlin ein förmliches Defizitverfahren einleiten, wie sie dies schon im Juli für Portugal getan hatte, berichteten Diplomaten. In letzter Konsequenz könnte ein solches Verfahren eine Geldbuße von bis zu 0,5 Prozent vom BIP nach sich ziehen.
Dennoch stand vor allem Frankreich in der Kritik: Der französische Haushalt sieht im kommenden Jahr ein konstant hohes Defizit von 2,6 Prozent vom BIP vor.
Die "Haushaltssünder" Frankreich, Deutschland, Portugal und Italien sollen ihre Defizite pro Jahr um wenigstens 0,5 Prozentpunkte vom BIP verringern, vereinbarten die Finanzminister der Eurozone. Das hatte die Kommission ebenfalls vorgeschlagen. Lediglich Frankreich will mit diesem Vorhaben bis nach 2003 warten, die anderen wollen im kommenden Jahr starten. Der französische Finanzminister Francis Mer sagte: "Für 2003 haben wir entschieden, dass wir für Frankreich andere Prioritäten haben, beispielsweise die Erhöhung der Militärausgaben."
Der österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser forderte die Kommission auf, Paris einen "Blauen Brief" zu schicken. "Dass muss in den nächsten Wochen sein, am besten in den nächsten Tagen."
EU uneins im Streit mit der Schweiz
Beim anschließenden Treffen der EU-Finanzminister wurde deutlich, dass die EU-Mitglieder in den festgefahrenen Verhandlungen mit der Schweiz über ein gemeinsames Vorgehen gegen die grenzüberschreitende Steuerflucht uneins sind. Während besonders Großbritannien den Druck auf die Regierung in Bern erhöhen will, sind Österreich und Luxemburg gegen mögliche Sanktionen.
Offiziell verständigten sich die Finanzminister darauf, dass die EU-Kommission mögliche Sanktionsmaßnahmen gegen Bern untersuchen soll. Konkrete Warnungen sprachen sie jedoch nicht aus.
Quelle: ntv.de