"Es geht um viel" Harte Klimaverhandlungen
31.08.2007, 08:35 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechnet mit schwierigen Verhandlungen für das Nachfolgeabkommen der Klimaschutzvereinbarungen von Kyoto. "Weil es um viel geht, werden die Verhandlungen hart werden. Aber es gibt keinen Weg, sich davor zu drücken", sagte Merkel zum Schluss ihrer einwöchigen Reise nach China und Japan.
In einer Rede in Kyoto, wo sie vor zehn Jahren das erste Abkommen zur Treibhausgas-Reduzierung maßgeblich mitausgehandelt hatte, sagte sie, es sei "ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft, ökologisch richtig zu handeln". Gleichzeitig trat sie für einen Ausbau der Beziehungen zu Asien ein. "Wir schauen nach Asien", sagte die Kanzlerin und verwies auf die Dynamik in der Region. Vor ihrer Abreise nach Deutschland besuchte Merkel noch die Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Osaka und traf dort auch mit deutschen Athleten zusammen.
In ihrem Vortrag betonte Merkel, dass Europa und Japan allein nicht in der Lage seien, für die notwendige Halbierung der Treibhausgas-Emissionen zu sorgen. Sie verwies auf die jährlichen Pro-Kopf-Emissionen in den USA von 20 Tonnen und in China von 3,5 Tonnen. Der Wert in der EU liege bei 9 Tonnen.
Nach den Worten der Kanzlerin ist es aber notwendig, dass Europa und die anderen alten Industrieländer den Schwellenländern den Weg weisen. Es wäre aber kein Beitrag zu einer gerechten Welt, wenn danach die Schwellenländer den Pro-Kopf-Ausstoß der Industrieländer übertreffen würden. Nach Angaben aus Delegationskreisen haben unterdessen im Umweltministerium und im Kanzleramt Berechnungen begonnen, wie hoch der weltweite Pro-Kopf-Ausstoß sein darf, um das Klimaziel der weltweiten Halbierung der Kohlendioxidemissionen im Jahr 2050 zu erreichen. Klar ist schon jetzt, dass die Industrieländer ihre Werte drastisch senken müssen.
Pro-Kopf-Modell
Die Kanzlerin hatte am Vortag ein Modell vorgeschlagen, nach dem sich die Grenzwerte für den CO2-Ausstoß an der Bevölkerungszahl der einzelnen Länder orientieren sollen. Wichtig sei eine konkrete Zielsetzung zum Abbau der CO2-Emissionen. Es seien "quantifizierbare Reduktionsziele" für das Treibhausgas Kohlendioxid nötig. Nach dem von Merkel vorgeschlagenen System würde für jedes Land der ihm zustehende CO2-Ausstoß pro Kopf errechnet. Die Entwicklungsländer, die klar unter dem internationalen Mittelwert liegen, würden zunächst Ausgleichszahlungen erhalten, bis sich ihre Schadstoffproduktion der in den Industrieländern angeglichen hat.
Das Modell basiert auf einem Vorschlag, den der indische Ministerpräsident Manmohan Singh im Juni auf dem G-8-Gipfel gemacht hat. Merkel sieht darin die Chance, einen Konsens zwischen den Schwellen- und Industrieländern herzustellen. Im Rahmen der Vereinten Nationen wird eine Einigung über eine Kyoto-Nachfolgevereinbarung im Jahr 2009 angestrebt. "Es werden harte Verhandlungen werden bis 2009", sagte Merkel. Aber sie zeigte sich zuversichtlich, auch die USA einbinden zu können. "Ich denke, Amerika wird mitmachen, aber Amerika muss auch mitmachen." Andernfalls würden sich Schwellenländer niemals zu konkreten Zielen verpflichten lassen.
Im Klimaprotokoll von Kyoto aus dem Jahr 1997 waren erstmals weltweite Regelungen zur Reduktion des Treibhausgasausstoßes vereinbart worden. Diese hatten aber nur die alten Industrieländer betroffen. Merkel sagte, im Jahr 2012, in dem das Kyoto-Protokoll ausläuft, müsse auch Bilanz gezogen werden. Die Schwellen- und Entwicklungsländer würden dann die Industrienationen fragen, ob sie ihre Ziele erreicht hätten. Derzeit werden einige Staaten auch in der Europäischen Union voraussichtlich große Schwierigkeiten haben, die Vorgaben des Kyoto-Abkommens zu erfüllen. Kritisch sieht es in Europa zum Beispiel bei Spanien, Portugal und Griechenland aus. Auch Japan weist derzeit noch einen Zuwachs an Emissionen aus, obwohl es sie eigentlich senken müsste.
Mit Blick auf die Entwicklung in Asien sprach Merkel von einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse auf dem Globus. Der asiatisch-pazifische Raum gewinne immer mehr an Bedeutung. Europa sollte daher das Verhältnis zu Asien neu überdenken. Die EU sollte verstärkt mit der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN zusammenarbeiten.
Quelle: ntv.de