Abbas fordert EU-Truppen Harte Töne von Netanjahu
04.02.2009, 22:29 UhrDer israelische Oppositionsführer Benjamin Netanjahu hat im Falle eines Wahlsieges einen harten Kurs gegenüber der radikalen Palästinenserorganisation Hamas angekündigt. Israel habe keine andere Chance, als das Hamas-Regime im Gazastreifen zu stürzen, sagte Netanjahu auf einer sicherheitspolitischen Tagung in Herzlija bei Tel Aviv.
Ein israelisches Regierungsmitglied drohte mit der Ermordung von Hamas-Regierungschef Ismail Hanija im Gazastreifen. "Der nächste Schritt unseres Vorgehens wird die Eliminierung des Terroristen Hanija sein", sagte Bauminister Seev Boim im Armeerundfunk. "Das ist der einzige Weg, um die Raketenangriffe auf Israel zu stoppen." In Israel wird am kommenden Dienstag ein Jahr vorzeitig ein neues Parlament gewählt. Netanjahus rechtsgerichtete Likud-Partei hat nach letzten Umfragen gute Chancen, stärkste Kraft zu werden.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Fatah) forderte derweil die Europäische Union zur Entsendung von Friedenstruppen in die Palästinensergebiete auf. "Ich möchte unsere Bitte bekräftigen, internationale Truppen zu schicken, um unsere Menschen zu beschützen", sagte er vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Die Vereinten Nationen warfen der Hamas-Organisation im Gazastreifen den Raub von Hilfsgütern vor, die für die arme Zivilbevölkerung bestimmt waren.
Hilfspakete beschlagnahmt
Ein Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA teilte mit, die Hamas-Polizeimiliz habe am Vortag in einer Hilfsstation im Flüchtlingslager Schatti 3500 Decken und mehr als 400 Lebensmittelpakete gewaltsam beschlagnahmt. Die Güter seien für hunderte bedürftige Familien in Gaza bestimmt gewesen, hieß es.
Der amtierende palästinensische Ministerpräsident Salam Fajad kündigte ein Wiederaufbauprogramm für den Gazastreifen im Umfang von 600 Millionen Dollar (467 Millionen Euro) an. Die Gelder sollten hauptsächlich von internationalen Geberländern und Banken kommen, sagte er vor Journalisten in Ramallah im Westjordanland. Fajad sagte, seine eigene Regierung wolle Hilfszahlungen in Höhe von 67 Millionen Dollar für den Wiederaufbau im Gazastreifen leisten.
Während der Offensive "Gegossenes Blei" im Gazastreifen waren nach palästinensischen Angaben mehr als 20.000 Häuser beschädigt oder zerstört worden. Der Schaden wird auf zwei Milliarden Dollar geschätzt. In Ägypten ist Anfang März eine Geberkonferenz geplant, bei der es um den Wiederaufbau in Gaza gehen soll.
Abbas: EU muss aktiv werden
Abbas rief die EU auf, sich aktiver an den Bemühungen um eine Wiederbelebung des Friedensprozesses zu beteiligen und bei den in diesem Jahr geplanten Präsidenten- und Parlamentswahlen zu helfen. "Was wir von den Europäern wollen, ist, dass sie eine politische Rolle spielen", sagte Abbas. Zugleich bekräftigte er die Bereitschaft seiner Fatah-Organisation zur Bildung einer "Regierung des nationalen Konsens" mit Hamas.
Israel müsse für den dreiwöchigen Militäreinsatz im Gazastreifen "zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Abbas. "Wir sind von einer höchst gewaltsamen, schrecklichen und entsetzlichen Aggression zutiefst getroffen worden." "Es gibt Verbrechen. Und Menschen, die Verbrechen begehen, müssen dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Was geschehen ist, waren bedauerlicherweise Kriegsverbrechen", sagte der Palästinenserpräsident.
Keine Hilfe an die Hamas
Seit der gewaltsamen Machtübernahme im Juni 2007, bei der die Fatah verdrängt wurde, herrscht die Hamas im Gazastreifen und die Fatah von Abbas im Westjordanland. Bereits während der am 18. Januar beendeten dreiwöchigen israelischen Militäroffensive im Gazastreifen hatte es mehrfach Vorwürfe gegeben, Hamas-Milizionäre hätten internationale Hilfsgüter beschlagnahmt.
UNWRA hatte sich geweigert, die Ausgabe humanitärer Hilfsgüter dem von der Hamas kontrollierten Wohlfahrtsministeriums zu überlassen. Ein Großteil der 1,5 Millionen Palästinenser im Gazastreifen hängt von der Hilfe der UN-Organisation ab.
"Iranische Gefahr beseitigen"
Auch gegenüber dem Iran kündigte Netanjahu im Fall eines Wahlsieges einen harten Kurs an. Er wolle die iranische Gefahr in allen ihren Facetten beseitigen, sagte Netanjahu. Die Verbindung von einem fanatischen religiösen Regime mit Atomwaffen stelle eine völlig neue Gefahr dar. Ein Iran mit Atomwaffen sei die größte Gefahr für Israel und die gesamte Menschheit, fügte der Vorsitzende des rechtsgerichteten Likud hinzu.
Teheran hatte am Vortag zum 30. Jahrestag der islamischen Revolution verkündet, dass es dem Land trotz internationaler Sanktionen gelungen sei, einen Satelliten mit einer selbst gebauten Trägerrakete vom Typ Safir 2 (Botschafter) in eine Umlaufbahn ins All zu schießen. Der Satellitenstart löste weltweit Besorgnis aus, dass der Iran versuchen könnte, die Raketentechnologie für militärische Zwecke auszubauen. Der Westen fürchtet zudem seit langem, dass der Iran unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Kernenergie den Bau von Atomwaffen anstrebt.
Hamas will Familien helfen
Die Hamas fordert, dass der Wiederaufbau mit ihr koordiniert wird. Die Geberländer wollen jedoch nur mit der Autonomiebehörde im Westjordanland oder internationalen Organisationen zusammenarbeiten. Die EU, die USA wie auch Israel stufen die Hamas als Terrororganisation ein.
Die Hamas hat ihrerseits Entschädigungszahlungen in Höhe von 5000 Dollar für Familien angekündigt, deren Haus zerstört wurde. Familien, deren Haus beschädigt wurde, sollen 2500 Dollar erhalten. Angehörige von Todesopfern sollen mit 1200 Dollar, von Verletzten mit 600 Dollar entschädigt werden. Bei der israelischen Offensive wurden etwa 1300 Palästinenser getötet und 5500 verletzt.
Quelle: ntv.de