Chipkarte für Bildung und Freizeit Hartz-IV-Kinder gezielt fördern
12.08.2010, 13:08 UhrDas Bundesarbeitsministerium prüft Bildungs-Chipkarten für Kinder aus Hartz-IV-Familien. Die Karten sollen Zugang zu Musikunterricht und Sportvereinen sowie zu Schwimmbad- und Museumsbesuchen ermöglichen. Für das Vorhaben benötigt Ministerin von der Leyen die Zustimmung von CSU, FDP und SPD.

Baden gehen soll kein Privileg mehr sein.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kinder aus Hartz-IV-Familien sollen mit Hilfe elektronischer Guthabenkarten kostenlos Schwimmbäder und Vereine besuchen können, aber auch Nachhilfe erhalten. Über entsprechende Pläne von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) berichtete die "Rheinische Post". In der Diskussion sei eine Chipkarte, mit denen Kinder jährlich Leistungen im Gegenwert von rund 200 Euro abrufen könnten. Ein Sprecher der Ministerin stellte jedoch klar, es gebe noch keine Festlegung auf ein endgültiges Modell. Von der Leyen will ihr Konzept nach Angaben aus der Koalition am 20. August mit den Fachpolitikern von Union und FDP besprechen. Vorbehalte wurden aus der CSU laut, während die FDP Zustimmung signalisierte.
"Wir denken im Ministerium intensiv darüber nach, wie man Kindern aus diesen Familien ohne Stigmatisierung die Teilhabe an Bildung und Kultur ermöglicht", sagte ein Ministeriumssprecher und bestätigte damit "im Prinzip" den Medienbericht. Eine Festlegung im Ministerium auf ein bestimmtes Modell gebe es aber noch nicht, sagte der Sprecher weiter.
Mit der geplanten Chipkarte will von der Leyen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar umsetzen. Die Richter hatten der Regierung aufgetragen, bei den Hartz-IV-Ausgaben die Kosten für die Teilhabe der Kinder am Vereinsleben und an Bildungsangeboten stärker zu berücksichtigen. Von der Leyen will dafür jedoch nicht mehr Geld direkt an die Kinder oder deren Eltern zahlen, sondern den Kindern Sach- und Dienstleistungen zugutekommen lassen.
Kosten von 430 Millionen Euro möglich
Das Modell einer Chipkarte hätte aus von der Leyens Sicht den Vorteil, dass eine Stigmatisierung der Kinder aus Hartz-IV-Familien vermieden werden könnte. Dem Zeitungsbericht zufolge wird erwogen, dass auch alle anderen Kinder eine solche Karte erhalten, deren Eltern dafür aber je nach Kommune eine Gebühr zahlen müssten. Vorbild dafür wäre Stuttgart, wo Kinder heute bereits eine Bonuskarte im Wert von 60 Euro erhalten. Von der Leyen hatte die Stuttgarter Chipkarte beispielhaft genannt.
Offen ist dem Zeitungsbericht zufolge, ob das Guthaben auf der Karte nach Alter gestaffelt wird und auf welche Leistungen sich Bund, Länder und Gemeinden einigen können. Wenn 200 Euro pro Jahr und Kind ausgegeben würden, ergäbe dies bei 1,7 Millionen Kindern in Hartz-IV-Familien Kosten von 340 Millionen Euro, die der Bund tragen müsste.
Von der Leyen muss Mehrheiten suchen
Für die Umsetzung ihrer Pläne muss von der Leyen nicht nur die Regierungsfraktionen Union und FDP gewinnen, sondern wegen der Zustimmungspflicht im Bundesrat wohl auch die SPD. Deren Vizeparteichefin und brandenburgische Sozialministerin Manuela Schwesig meldete dem Zeitungsbericht zufolge Bedenken an. Sie sprach sich für einen "Mix aus Geld- und Sachleistungen" aus. Die CSU-Familienpolitikerin Dorothee Bär zeigte sich dem Blatt zufolge ablehnend, wenn auch offen für Gespräche über eine Chipkarte. Zustimmung habe die FDP-Familienpolitikerin Miriam Gruß geäußert. Sie wolle sich für eine Chipkarte starkmachen.
Quelle: ntv.de, dpa