"Absturz der Mittelschicht ist eine Mär" Hartz IV trifft kaum Gutverdiener
18.02.2010, 11:38 UhrLaut einer Studie ist die Angst vor dem sozialen Absturz aus der Mittelschicht unbegründet. Nur ein geringer Teil der Hartz-IV-Empfänger hat zuvor 1500 Euro und mehr verdient. Vor allem schlecht ausgebildete Arbeitnehmer sind auf das Arbeitslosengeld II angewiesen.

Die Schlangen vor den Jobcentern sind sozial homogen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Risiko, zum Hartz-IV-Empfänger zu werden, ist für Durchschnitts- und Besserverdiener einer Studie zufolge nur sehr gering. Statistisch betrachtet erzielte nur einer von tausend Hartz-IV-Empfängern vor dem Verlust des Arbeitsplatzes ein monatliches Bruttogehalt von über 3500 Euro, wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Daten des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) berichtet. Selbst der Anteil derer, die 1500 Euro und mehr verdient hatten, lag bei gerade einmal zehn Prozent.
"Ehemalige Durchschnitts- und Besserverdiener sind bei Hartz-IV nur ein Randphänomen", sagte der Direktor Arbeitsmarktpolitik des Instituts, Hilmar Schneider, dem Blatt. Zwar sei der Anteil früherer Gutverdiener an der Zahl der Hartz-IV-Empfänger womöglich ein wenig höher, als das in der Statistik zum Ausdruck komme, weil mancher vor dem Sturz in die Arbeitslosigkeit einen schlecht bezahlten Aushilfsjob angenommen habe. "Das ändert aber nichts an der Grundaussage unserer Untersuchung", betonte er.
Die Untersuchung beruht den Angaben zufolge auf Zahlen des Jahres 2007, weil neuere nicht verfügbar sind. Es gebe aber bislang keinerlei Hinweise darauf, dass sich durch die jüngste Wirtschaftskrise in der Hartz-IV-Struktur etwas grundsätzlich verändert haben könnte, schreibt die "SZ".
Bildung entscheidend
Wie die "Financial Times Deutschland" berichtet, finden sich unter den Hartz-IV-Empfängern kaum gut ausgebildete Arbeitnehmer. Nur einer von 30 Menschen, die auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind, hat ein Studium aufgenommen. Diese Zahl sei seit dem Beginn der Reform 2005 unverändert.
Markus Grabka, Ökonom beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, bestätigt in dem Blatt die wichtige Rolle der Ausbildung. Die Agenda 2010 habe zwar "den Abwärtsdruck für Teile der Gesellschaft erhöht", räumt er ein. Allerdings betreffe dies vor allem schlecht ausgebildete Arbeitnehmer, die aufgrund der Verschärfung des Wettbewerbes schon vorher am Arbeitsmarkt zu kämpfen hatten. "Der massenweise Absturz aus der Mittelschicht ist eine Mär", konstatiert Grabka.
Quelle: ntv.de, cba/AFP