Der BND und der Irakkrieg Hat Steinmeier gelogen?
15.12.2008, 15:41 UhrNach den Aussagen des früheren US-Generals James Marks zur Nutzung von BND-Informationen beim US-Einmarsch in den Irak wächst der Druck auf Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Die FDP schloss eine "neue Qualität" in der Affäre um den Bundesnachrichtendienst (BND) nicht aus. Linke und CSU hielten dem damaligen Kanzleramtschef vor, die Wahrheit zu verschweigen. Die SPD wies alle Vorwürfe gegen ihren Kanzlerkandidaten Steinmeier als veraltet und längst widerlegt zurück.
Steinmeier und sein grüner Vorgänger im Außenamt, Joschka Fischer, werden am Donnerstag als Zeugen im BND-Untersuchungsausschuss zum Anti-Terror-Kampf gehört. Der FDP-Obmann in dem Ausschuss, Max Stadler, sagte der "Passauer Neuen Presse", wenn Marks' Aussage stimme, dass BND-Informationen einen früheren Beginn des Irakkriegs ermöglicht hätten, ergebe sich eine "neue Qualität". Bisher habe Steinmeier auf eine Vorgabe verwiesen, wonach BND-Agenten keine für die Kriegsführung relevanten Informationen an die USA weitergeben durften. Er müsse sich nun fragen lassen, "warum dies nicht kontrolliert worden ist".
Stadler führte der Zeitung zufolge aus, wenn Marks' Äußerungen im Magazin "Der Spiegel" zuträfen, dann wären deutsche Agenten indirekt am im März 2003 begonnen Irakkrieg beteiligt gewesen. "Rot-grüner Anspruch und Wirklichkeit klaffen meilenweit auseinander", kritisierte er mit Blick auf das Nein der damaligen Bundesregierung zum Irakkrieg. Seine Partei werde beantragen, dass US-Militärs wie General Marks vor dem Ausschuss aussagen sollten.
Hat Steinmeier gelogen?
Der Obmann der Linkspartei in dem Ausschuss, Norman Paech, sagte der "Passauer Neuen Presse": "Wenn sich das bewahrheitet, hat Steinmeier gelogen." Er vermute, dass der heutige Außenminister "von allem gewusst" habe. Das CSU-Ausschussmitglied Stephan Mayer erklärte: "Die rot-grüne Darstellung, Deutschland hätte mit dem Irak nichts zu tun gehabt, gehört ins Reich der Märchen." Steinmeier müsse zu dem BND-Einsatz in Bagdad "endlich Farbe bekennen".
"Keine neuen Erkenntnisse"
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hob hingegen nach einer SPD-Präsidiumssitzung in Berlin hervor: "Es gibt keine neuen Erkenntnisse." Die Aussagen seien "alter Wein in neuen Schläuchen". Die SPD sei die Partei gewesen, "die Deutschland aus dem Irakkrieg herausgehalten hat". Auch der SPD-Sprecher in dem Untersuchungsausschuss, Michael Hartmann, äußerte sich ähnlich. Er erklärte: "Es gibt keine neuen Fakten." Die rot-grüne Regierung habe sich gegen viel Widerstand gegen den Irakkrieg gestellt. Es sei aber auch nie bestritten worden, dass es einen Austausch von Geheimdienst-Informationen mit den USA gegeben habe. Der BND sei aber angewiesen gewesen und auch so verfahren, keine Informationen weiterzugeben, die für Kampfhandlungen wichtig gewesen wären.
Steinmeier hatte am Wochenende die Vorwürfe ebenfalls zurückgewiesen. Sein Sprecher im Auswärtigen Amt, Jens Plötner, erklärte: "Er bleibt bei dem, was Bundesminister Steinmeier von Beginn an gesagt hat: Deutschland war aus gutem Grund gegen den Irak-Krieg und hat sich deswegen nicht an Kampfhandlungen beteiligt." Alle Zeugen im Ausschuss hätten dies bestätigt. Steinmeier werde dies in seiner Aussage im Ausschuss klarstellen.
Der frühere US-General Marks, der den Aufklärungsstab der Bodentruppen im Irak geleitet hatte, hatte dem "Spiegel" gesagt, die Beiträge zweier BND-Agenten aus Bagdad seien für den US-Einmarsch "extrem wichtig und wertvoll" sowie "detailliert und zuverlässig" gewesen. Die BND-Meldungen hätten dazu beigetragen, dass der Kriegsbeginn vorgezogen und Pläne für einen Überraschungsangriff von Luftlandetruppen auf den Flughafen Bagdad wieder verworfen worden seien.
Quelle: ntv.de