Politik

Historischer Machtwechsel Hatoyama an der Macht

In Japan beginnt eine neue politische Ära. Die bisher größte Oppositionspartei, die Demokratische Partei Japans (DPJ) unter dem Hoffnungsträger Yukio Hatoyama erringt bei der Wahl zum mächtigen Unterhaus des Parlaments einen haushohen Sieg über die regierende Liberaldemokratische (LDP) von Ministerpräsident Taro Aso.

Yukio Hatoyama: Auf ihm ruhen viele Hoffnungen.

Yukio Hatoyama: Auf ihm ruhen viele Hoffnungen.

(Foto: REUTERS)

Dem 62-jährigen Hatoyama ist die Wahl durch das Unterhaus zum neuen Regierungschef des Landes sicher. Damit kommt es in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zum ersten Mal seit mehr als einem halben Jahrhundert zu einem historischen Machtwechsel.

"Ich denke, das Wahlergebnis spiegelt den Ärger der Wähler über die regierende Koalition", sagte Wahlsieger Hatoyama. Der seit 1955 fast ununterbrochen regierenden Partei LDP wird jahrelanges Missmanagement, wirtschaftliche Stagnation und ein schwerer Rentenskandal angelastet. Der Partei- und bisherige Regierungschef Taro Aso kündigte noch am Abend seinen Rücktritt als LDP-Chef an. Nach Auszählung von 321 der 480 Sitze kam die DPJ schon auf die einfache Mehrheit von 241 Sitzen.

Prognosen zufolge könnte sie am Ende auf mehr als 300 der insgesamt 480 Sitze in der mächtigen Parlamentskammer kommen. Bisher hatte sie 112 Sitze. Die unterlegene Regierungspartei kam bis dahin auf lediglich 55 Mandate. Das Votum der Wähler ist zugleich der letzte Schritt zu einem echten Zwei-Parteien-System in Japan.

Partei ohne Regierungserfahrung

Taro Aso ist geschlagen.

Taro Aso ist geschlagen.

(Foto: REUTERS)

Hatoyama stammt aus einer Politikerdynastie: Schon der Großvater war Premier, sein Vater Außenminister, sein jüngerer Bruder, der der LDP angehört, war Innenminister. Mit seiner DPJ übernimmt in Japan eine Partei die Macht, die keine Regierungserfahrung hat. Die 1998 gegründete Partei stellt ein Sammelbecken aus LDP-Überläufern, Sozialdemokraten und früheren Gewerkschaftern dar.

Hatoyama versprach, die DPJ werde die von "Bürokraten geführte unverantwortliche Politik" der LDP-Ära beenden. Wegen ihrer intern unterschiedlichen Ansichten rechnen politische Beobachter jedoch zunächst mit komplexen Abstimmungsprozessen. Während die LDP zuerst die Interessen der Wirtschaft bediente, stellt die Demokratische Partei den Bürger ins Zentrum. Sie will vor allem denen helfen, die am stärksten von der Krise betroffen sind: Familien mit Kindern, Rentnern, Arbeitslosen und den Landwirten. So will sie das Kindergeld erhöhen, die Gebühren für höhere Schulen und Autobahnen abschaffen, Bauern ein Mindesteinkommen geben und eine Mindestrente einführen.

Das teure Ausgabenprogramm der Demokraten halten Wirtschaftsvertreter und einige Volkswirte zwar für kaum finanzierbar - zumal Japan mit fast 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die höchste Staatsverschuldung aller Industrieländer hat. Doch immerhin würde es Geld unters Volk bringen. Manche Volkswirte gehen aber nicht davon aus, dass es zu großen wirtschaftlichen Impulsen für die zweitgrößte Volkswirtschaft kommt.

Außenpolitischer Richtungswechsel erwartet

In außen- und sicherheitspolitischer Hinsicht könnte es nach Auffassung von Beobachtern durchaus zu einem Paradigmenwechsel kommen. Zwar ist die DPJ in diesen Fragen bislang recht vage geblieben. Hatoyama will sich aber künftig vom Sicherheitspartner USA zumindest weniger abhängig machen lassen als bisher. Beobachter schließen Spannungen mit den USA nicht aus. Zugleich will Hatoyama die Beziehungen zu Japans asiatischen Nachbarn deutlich verbessern.

Die 1955 gegründete LDP hatte Japan nach dem Zweiten Weltkrieg im Pakt mit Wirtschaft und Bürokratie zu Wohlstand und Stabilität geführt. Dafür verzieh ihr das Volk Vetternwirtschaft und Skandale. Lediglich 1993 musste sie schon einmal kurzzeitig das Ruder an eine aus acht Koalitionsparteien bestehende Nicht-LDP-Regierung abgeben, die jedoch nach lediglich zehn Monaten wieder zerbrach. Nach jahrzehntelanger Regierungsarbeit wirkte die LDP zuletzt ausgezehrt und unfähig, die enormen Probleme Japans zu lösen. Bei der Unterhauswahl 2005 hatte die LDP dank der Popularität des damaligen Partei- und Regierungschefs Junichiro Koizumi noch einen haushohen Sieg erringen können.

Quelle: ntv.de, dpa

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