Politik

Besuch in China Hauchdünner Punktsieg für Steinmeier

Kleinster gemeinsamer Nenner: Chinas Außenminister Wang Yi begrüßt Frank-Walter Steinmeier.

Kleinster gemeinsamer Nenner: Chinas Außenminister Wang Yi begrüßt Frank-Walter Steinmeier.

(Foto: REUTERS)

Bei seinem China-Besuch ringt Außenminister Steinmeier den Gastgebern einen Hauch von Kritik an Russlands Krim-Politik ab. In anderen Fragen bleibt die Volksrepublik hart.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier traf nur wenige Tage nach dem russischen Vizepremierminister in Peking ein. Die unterschiedlichen Schwerpunkte der jeweiligen Gespräche symbolisieren den Spagat, in dem sich die Chinesen in ihrer Außenpolitik befinden. Auf der einen Seite die elementar wichtigen Handelspartner aus Europa und den USA, die sich eine deutliche Positionierung Pekings gegen die russische Krim-Politik wünschen. Auf der anderen Seite die alten Freunde und Verbündeten aus Moskau, denen man ideologisch viel näher steht als dem Westen, und deren Rohstoffe dafür sorgen sollen, dass der chinesische Traum nicht am Energiemangel zerplatzt. Insofern war es utopisch, dass Steinmeier seinem Amtskollegen Wang Yi in Peking ein klares Bekenntnis in Sachen Ukraine abringen würde. Es blieb wenige Tage vor dem Krisengipfel in Genf beim kleinsten gemeinsamen Nenner, allerdings mit einem hauchdünnen Punktsieg für den Deutschen, der erstmals nach seiner Rückkehr ins Auswärtige Amt wieder nach China reiste.

Beide Seiten sprachen sich für eine Deeskalation und gegen Gewalt aus und warben für die Einrichtung einer internationalen Kontaktgruppe. Die Suche nach einer politischen Lösung müsse unbedingt Priorität genießen, hieß es. Immerhin aber konnte Steinmeier verkünden, dass beide Seiten auch der Auffassung sind, "dass die willkürliche Verschiebung von Grenzen ein gefährlicher Präzedenzfall sein kann". Das lässt sich durchaus als indirekte Kritik der Chinesen am russischen Einmarsch auf der Krim verstehen. Sanfte Kritik zwar, aber nicht wegzudiskutieren. Grund genug für diese Haltung haben die Chinesen. Denn Grenzverschiebung ist einer ihrer wunden Punkte. Sie selbst fürchten eine Verschiebung ihrer Staatsgrenzen. Weniger durch äußere Einflüsse als vielmehr durch Unabhängigkeitsbestrebungen von Minderheiten wie Mongolen, Tibetern oder Uiguren. Zumal große Mengen des chinesischen Energiebedarfs durch Leitungen fließen, die dort verlegt wurden, wo die meisten Uiguren zuhause sind, nämlich in der westlichen Region Xinjiang, die eine lange Grenze zu Russland hat.

Keine Entspannung im Inselstreit

Über die Versorgung mit russischem Gas verhandeln die Chinesen bereits seit Jahren. Am Mittwoch vergangener noch Woche saß Vizepremier Arkady Dworkowitsch mit seinem chinesischen Amtskollegen Zhang Gaoli in Peking zusammen. Man habe einen neuen Konsens über die Kooperation im Energiesektor erreicht, teilte das Außenministerium fest. Unternehmen beider Länder befinden sich zurzeit in Verhandlungen. China hofft auf eine baldige Einigung zu guten Konditionen. Unter diesen Bedingungen sind die Mittel der chinesischen Regierung begrenzt, massive Kritik am Gasversorger und dessen Außenpolitik zu üben.

Ganz anders verhält es sich im chinesischen Inselstreit mit Japan. Keinen Zentimeter rücken die Chinesen ab von ihrer Haltung. Steinmeier brachte frische Eindrücke von seinem vorangegangenen Besuch in Tokio mit nach Peking. Die konnten allerdings nicht dazu beitragen, dass sich der Konflikt der Erzrivalen um Territorium im ostchinesischen Meer entspannt. Im Gegenteil muss ein deutscher Regierungsvertreter hilflos dabei zuschauen, wie Japaner und Chinesen ihre Positionen verhärten.

"Wir dulden keine Einmischung"

Mit einem Patt endeten indes Steinmeiers Gespräche über die Gängelung chinesischer Bürgerrechtler durch den Staat. Der Außenminister versicherte im Anschluss, dass Deutschland die Probleme von Aktivisten im Land "immer und auf allen Ebenen erörtern" werde. Aktuellen Anlass dazu lieferten das Ausreiseverbot des Künstlers und Dissidenten Ai Weiwei, der nicht nach Berlin reisen darf, sowie die Haft- und Arrestbedingungen für den Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo und seine Frau Liu Xia.

Steinmeier kommt mit der Thematisierung seiner Pflicht als gewählter Politiker einer demokratischen Regierung nach, die Wirkung bleibt aber begrenzt. Die Chinesen beziehen viel Selbstbewusstsein aus ihrer wachsenden Bedeutung für die globale Konjunktur. Ihre Wirtschaftsleistung wird im Hinblick auf das finanzielle Volumen nur noch von den USA übertroffen.

Entsprechend scharf wehrt die Volksrepublik Belehrungen über die Behandlung von Inhaftierten und Dissidenten scharf ab. "Wir dulden keine Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten", sagte Wang zu Steinmeier. Dennoch erklärte sich das Land zu einer Vertiefung des Rechtsstaatsdialogs mit Deutschland bereit. Die deutsche Seite muss sich damit zufrieden geben, weil ihre eigenen Interessen zu groß sind, als dass man China vergrätzen wollte.

Die wirtschaftlichen Beziehungen zählen deshalb längst auch zu den Bestandteilen des Besuchs eines Außenministers in China. Mehr Kooperation sagten sich beide Seiten zu, und Steinmeier nutzte die Gelegenheit gleichzeitig zu einem Besuch der Provinz Hebei am Sonntag. Die Provinz erstickt im Smog, weil dort viel Energie produziert wird, die im Rest des Landes benötigt wird. Steinmeier besuchte ein Projekt der Deutschen Energie-Agentur und rührte die Werbetrommel für deutsche Technologie bei Kampf gegen die Umweltverschmutzung.

Quelle: ntv.de

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