Entlastungen bei der Kfz-Steuer Haushalt wird stark strapaziert
30.10.2008, 21:04 UhrDas Konjunkturpaket der Bundesregierung wird über neue Schulden finanziert und führt in den nächsten beiden Jahren zu einer erheblichen Belastung des Bundeshaushalts.
Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Torsten Albig, sagte dem "Handelsblatt": "Die zusätzlichen Ausgaben für den Bund belaufen sich in den nächsten beiden Jahren auf jeweils rund fünf Milliarden Euro und müssen vollständig über zusätzliche Schulden finanziert werden." Damit sind die bisherigen Konsolidierungspläne der Bundesregierung mit einem ausgeglichenen Haushalt in 2011 weiter gefährdet.
Auswirkungen noch offen
Das Wachstumspaket soll am nächsten Mittwoch im Kabinett beschlossen werden. Es ist noch nicht endgültig geschnürt, die Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und die öffentlichen Haushalte sind daher noch offen. Nach Angaben von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) umfasst das Paket ein Volumen von bis zu 30 Milliarden Euro. Entsprechende Angaben bestätigte sein Sprecher.
SPD-Fraktionschef Peter Struck bezifferte die Kosten auf 20 bis 25 Milliarden Euro. Auf die öffentlichen Haushalt schlagen die Maßnahmen aber nicht in diesem gesamten Umfang durch. Glos arbeitet zusammen mit Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) an den Konjunkturhilfen, um die Wirtschaft mit gezielten Investitionshilfen zu stützen.
Steuerentlastung für Autokauf
Zentraler Punkt des Pakets ist die Ankurbelung des schleppenden Autogeschäfts durch deutliche steuerliche Entlastung der Käufer von Neuwagen. Nach Plänen der Bundesregierung soll für schadstoffarme Pkw die Kfz-Steuer bis zu zwei Jahre erlassen werden. Für alle anderen Neuwagen - unabhängig von Hubraum und Umweltverträglichkeit - soll die Ausnahme ein Jahr lang gelten. Die Autokäufer würden so um bis zu 1,5 Milliarden Euro entlastet.
Von 2011 an soll die Kfz-Besteuerung dann aber - wie lange geplant - vom Hubraum auf den Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) umgestellt werden, wie es im Bundesfinanzministerium in Berlin weiter hieß. Einen entsprechenden Vorschlag will Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) dem Kabinett unterbreiten.
Einigung mit Ländern nötig
Davor muss er sich noch mit den Ländern über eine Kompensation der Steuerausfälle verständigen. Mehrere Ländervertreter signalisierten Zustimmung für die Pläne bei entsprechender Kompensation, es wurde aber auch Kritik laut. Wenn das schwarz-rote Kabinett den befristeten Steuererlass tatsächlich beschließen sollte, würde er unmittelbar nach der Entscheidung gelten, höchstens aber bis Ende 2010.
Glos begrüßte die Pläne als einen "wichtigen Punkt, um der Kaufzurückhaltung entgegenzuwirken". Darüber hinaus werde die Bundesregierung darauf drängen, die von der Europäischen Investitionsbank zur Verfügung gestellten Finanzmittel für Forschungs-, Entwicklungs-, und Innovationskredite aufzustocken. Damit würden die Autohersteller ebenfalls unterstützt.
Gr üne üben scharfe Kritik ...
Umweltverbände, die Grünen und der ADAC kritisierten die Pläne: Spritfresser würden begünstigt, was den Klimaschutzplänen der Koalition widerspreche. In der Autoindustrie, die rasch Klarheit bei der Kfz-Steuer sowie massive Staatshilfen forderte, wurden die Pläne dagegen begrüßt.
Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte: "Unter dem Deckmantel von Investitionsprogramm und Klimaschutz schieben sie uns so eine Art Sommerschlussverkauf für alte Spritfresser unter." Bei Umweltschutzverbänden wie dem BUND, dem WWF oder der Deutschen Umwelthilfe war von einer dreisten klimapolitischen Täuschung die Rede.
Die Bundesregierung plane die Subventionierung von Spritfressern mit bis zu 2000 Euro Steuererlass, monierte die Umwelthilfe. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisierte: "Das hat mit Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz nicht das Geringste zu tun."
... Autoindustrie hofft auf Anschub
Die Autoindustrie hofft auf einen Absatzschub. Die Maßnahme könnte "ein erster Startschuss für die Ankurbelung des Fahrzeugabsatzes, für die Stabilisierung der Konjunktur und damit für die Sicherung von Arbeitsplätzen am Standort Deutschland sein", sagte Verbandspräsident Matthias Wissmann. Beim Verband der Kraftfahrzeughersteller (VDIK) hieß es, dies sei endlich ein klares Signal, das die Verunsicherung der Bürger und die krisenhafte Entwicklung der Branche beenden könne.
Investitionshilfen in die Gebäudesanierung und den Verkehr
Neben der befristeten Befreiung von der Kfz-Steuer will die Bundesregierung Investitionshilfen in die Gebäudesanierung ausweiten. Zudem sollen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur aufgestockt werden. Die Rede ist von je 500 Millionen Euro in den Jahren 2009 und 2010. Erhöht werden soll auch die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen in Privathaushalten. Im Gespräch sind ferner verbesserte Steuer-Abschreibungen für Firmen.
Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) will zudem einen "Schutzschirm für Arbeitsplätze" aufspannen und ähnlich wie beim Rettungspaket für die Banken die Folgen von Finanzmarktkrise und Konjunkturflaute auf dem Stellenmarkt abmildern. Er kündigte eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von 12 auf 18 Monate an.
Gegenfinanzierung macht keinen Sinn
Nach Albigs Worten sieht die Regierung keine Möglichkeit, die konjunkturellen Maßnahmen an einer anderen Stelle im Haushalt einzusparen. "Eine Gegenfinanzierung des Wachstumspakets macht auch keinen Sinn, weil dann die konjunkturelle Wirkung verpufft", argumentierte Albig gegenüber dem "Tagesspiegel".
Nach Berechnungen des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), dürfte die Neuverschuldung in 2009 von geplanten 10,5 Milliarden Euro auf knapp 16 Milliarden Euro klettern. 2010 sei mit einem Anstieg von sechs auf mindestens 16 Milliarden Euro zu rechnen. Der Bund müsse dann auch die Ausfälle durch die bessere Absetzbarkeit von Krankenkassenbeiträgen schultern, die insgesamt 9 Milliarden Euro kosteten, sagte Fricke dem "Handelsblatt".
Quelle: ntv.de