Politik

Rezessionsangst und Finanzkrise Haushaltsentwurf unter Druck

Die globale Finanzkrise und die schwächelnde Konjunktur drohen der großen Koalition einen Strich durch ihre Haushaltspolitik zu machen. Ihr zentrales Ziel, ab 2011 keine neuen Schulden mehr aufzunehmen, würden Union und SPD wahrscheinlich verfehlen, erklärte das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Der Haushaltsexperte der Union, Steffen Kampeter, hielt dagegen, die Wachstumsprognose der Regierung für 2009 müsse allenfalls leicht reduziert werden. Vor Beginn der Haushaltsberatungen des Bundestages betonte er, für den Budgetausgleich brauche es nicht nur Wachstum. Es komme auch auf politische Führung und den Einigungswillen der Koalition an.

Erneut höhere Ausgaben als im Vorjahr

Das Parlament debattiert erstmals über den Etatentwurf der Regierung, der 2009 Ausgaben des Bundes von 288,4 Milliarden Euro vorsieht - 1,8 Prozent mehr als 2008. Zur Deckung der Ausgaben will die Regierung noch 10,5 Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen. Bis 2011 soll der Ausstieg aus der Schuldenspirale dann aber geschafft werden: Der Bund sitzt mittlerweile auf einem Schuldenberg von 950 Milliarden Euro.

Kein Ende der Schuldenpolitik in Sicht

Der IfW-Finanzexperte Alfred Boss erklärte, dieses Ziel sei wohl nicht mehr zu halten. 2011 werde der Bund noch ein Defizit von drei Milliarden Euro aufweisen. Verantwortlich dafür seien etwa sinkende Privatisierungserlöse, steigende Personalausgaben und Zuschüsse an die Renten- und Krankenversicherung. Erst 2012 rechnet Boss mit einem ausgeglichenen Etat. Das IfW blickt auch skeptisch auf das kommende Jahr und rechnet nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 0,2 statt 1,2 Prozent wie die Regierung.

Regierung ließ Aufschwung ungenutzt

"Die Bundesregierung hat den Aufschwung nicht genutzt, sich einen Puffer für den Abschwung zu schaffen", kritisierte der Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn im "Handelsblatt". Auch der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), hält das Haushaltsziel ohne Sparanstrengungen nicht für erreichbar.

Einnahmen um fast 7 Prozent gestiegen

Kampeter sagte, die guten Steuereinnahmen im August würden das "Krisengerede" bald verstummen lassen. Nach Angaben aus dem Finanzministerium verbuchten Bund und Länder in dem Monat 6,8 Prozent höhere Einnahmen als im Vorjahr. Für die ersten acht Monate summiert sich der Zuwachs auf sechs Prozent. Experten hatten im Mai für das Gesamtjahr nur 3,8 Prozent vorhergesagt.

Finanzkrise noch nicht ausgestanden

Bisher ist allerdings unklar, wie stark die Finanzkrise 2009 das Wirtschaftswachstum dämpfen wird. Das Finanzministerium schloss eine Belastung der Konjunktur und damit des Haushaltes nicht aus. Ein Sprecher sagte: "Wir befinden uns in der Krise, sie ist noch nicht ausgestanden." Die deutschen Banken seien aber von den Turbulenzen weit weniger stark betroffen als die US-Banken. Die Krise hatte einen neuen Höhepunkt erreicht, nachdem die US-Investmentbank Lehman Brothers einen Antrag auf Gläubigerschutz gestellt hatte und der Konkurrent Merrill Lynch an die Bank of America andocken musste.

Kampeter warnte vor Pessimismus. Die Konjunktur werde 2009 nicht zusammenbrechen. Die Wachstumsprognose von 1,2 Prozent werde nicht wesentlich nach unten korrigiert werden müssen. Probleme sieht er jedoch für das Zahlenwerk in den zusätzlichen Wünschen der Koalitionspartner, der Etat sei einem "freundlichem Feuer" ausgesetzt. Der Haushaltsausgleich sei keine rechnerische Frage alleine: "Das ist eine Frage von Wirtschaftswachstum plus politischer Führung plus politischem Einigungswillen."

Im Bundeshaushalt keine Wahlgeschenke

Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider sagte ebenfalls, es werde im Bundeshaushalt keine Wahlgeschenke geben. Selbst wenn die Wirtschaft 2009 stagnieren sollte, sei das Ziel eines Haushaltsausgleichs 2011 zu erreichen. Warnungen vor einer Rezession seien "hoch spekulativ". Auch SPD-Fraktionschef Peter Struck mahnte: "Es gibt keinen Grund zur Panik."

Abschließende Entscheidungen über den Haushalt trifft der Bundestag erst im November. Dann liegt auch die neue Steuerschätzung für 2009 vor.

Quelle: ntv.de

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