Politik

Drei Tage Staatstrauer Havel wird Freitag beigesetzt

Tausende Menschen nehmen am Sarg Abschied von Havel.

Tausende Menschen nehmen am Sarg Abschied von Havel.

(Foto: REUTERS)

"Er hat uns die Freiheit geschenkt", sagt eine Frau, die wie tausende andere Menschen in Prag um den ehemaligen tschechischen Präsidenten Havel trauert. Die Regierung beschließt eine dreitägige Staatstrauer. Am Freitag wird Havel beigesetzt. Zur Totenmesse reisen auch hochrangige Staatsgäste an.

Tschechien würdigt mit einer dreitägigen Staatstrauer den am Sonntag gestorbenen früheren Präsidenten Vaclav Havel. Das kündigte Ministerpräsident Petr Necas in Prag an. Von Mittwoch bis Freitag dieser Woche würden die Flaggen in Tschechien auf Halbmast hängen. Necas bat die Bürger, am Freitag um 12.00 Uhr eine Schweigeminute einzuhalten. Die Medien rief er auf, ihr Programm an diesen Tagen dem traurigen Anlass anzupassen. Necas würdigte den verstorbenen Ex-Präsidenten als "moralische Autorität und Symbol der gesellschaftlichen Wende im November 1989".

Die Totenmesse wird am Freitagmittag im Prager Veitsdom gehalten, wie das Präsidentenamt mitteilte. Unter den Staatsgästen werde voraussichtlich auch die US-amerikanische Außenministerin Hillary Clinton sein, teilte Havels ehemalige Sekretärin Sabina Tancevova im Fernsehen mit. Tschechischen Medienberichten zufolge wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet. Im Anschluss an die Trauerfeier ist nach Angaben des Prager Erzbischofs Dominik Duka eine private Zeremonie in einem Krematorium der Hauptstadt geplant. Medienberichten zufolge soll Havel voraussichtlich im Familiengrab auf dem Friedhof Prag-Vinohrady bestattet werden.

Die Schlüsselfigur der demokratischen Wende von 1989 war nach langer Krankheit im Alter von 75 Jahren gestorben. Havel war bis 1993 Präsident der damaligen Tschechoslowakei und nach deren Teilung bis 2003 Staatsoberhaupt der neu gegründeten Tschechischen Republik. Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt betrieb er erfolgreich die Anbindung Tschechiens an NATO und EU.

Tausende kondolieren am Sarg

In Prag nahmen unterdessen Trauernde Abschied von Havel. Der Sarg des Dissidenten, Schriftstellers und Politikers wurde in der Prager Sankt-Anna-Kirche aufgebahrt. Hunderte Menschen warteten vor den Toren des Gotteshauses. Viele hatten Tränen in den Augen. "Er hat uns die Freiheit geschenkt", sagte eine Trauernde. Havels Ehefrau Dagmar legte rote Rosen auf seinem Sarg nieder.

Auch die Medien des Landes kennen nur ein Thema.

Auch die Medien des Landes kennen nur ein Thema.

(Foto: dpa)

Am Tag nach dem Tod des Ex-Präsidenten wehten am Prager Präsidentenpalast, am Nationaltheater und an vielen anderen Orten des Landes schwarze Flaggen. Soldaten der Burggarde der Prager Burg hielten eine Ehrenwache neben einem Porträt Havels. Sein Nachfolger im Amt, Vaclav Klaus, Erzbischof Dominik Duka und weitere Würdenträger trugen sich in das Kondolenzbuch ein.

Nach Informationen tschechischer Medien erwägt das Kabinett ein Gesetz, das den früheren Dissidenten und Präsidenten ehren soll. Die "Lex Havel" könnte nach Aussage von Außenminister Karel Schwarzenberg erklären, dass Vaclav Havel sich um die Freiheit verdient gemacht habe. Auch andere frühere tschechoslowakische Präsidenten wurden auf diese Weise geehrt.

Trauer auch in der Slowakei

Die Regierung der Slowakei verfügte für Freitag eine eintägige Staatstrauer für Havel. Die slowakische Premierministerin Iveta Radicova hatte noch am Sonntag erklärt: "Havel hatte in der Slowakei seine Bewunderer wie auch Gegner. Er hat sein ganzes Engagement auf dem Prinzip der Zivilgesellschaft und der bürgerlichen Rechte aufgebaut. Denn er wusste, dass ohne sie die Menschen nur Instrumente in den Händen der Mächtigen sind."

Radicova selbst gehörte zu Havels Anhängern. Viele andere slowakische Politiker hatten zu ihm hingegen ein zwiespältiges Verhältnis. Einerseits bewunderten sie seine Leistung für Freiheit und Demokratie in der Tschechoslowakei. Andererseits warfen sie ihm vor, kein Verständnis für die Autonomiebestrebungen der Slowaken im gemeinsamen Staat gehabt zu haben. Deshalb habe er Mitschuld am Zerfall der Tschechoslowakei gehabt.

Tränen und Kerzen

Bereits am Sonntagabend läuteten in ganz Tschechien die Kirchenglocken. Im Stadtzentrum von Prag versammelten sich die Menschen zu spontanen Trauerkundgebungen. Tausende legten an zentralen Schauplätzen der demokratischen Wende von 1989 Blumen nieder und zündeten Kerzen an. "Havel war für mich ein Symbol der geistigen Veränderung", sagte einer der Trauernden der Zeitung "Dnes".

Bereits in der Nacht versammelten sich Tausende Menschen zu Havels Ehren.

Bereits in der Nacht versammelten sich Tausende Menschen zu Havels Ehren.

(Foto: REUTERS)

Auf dem Wenzelsplatz, einem der Sammelpunkte der antikommunistischen Demonstrationen von 1989, lasen Studenten zu den Versammelten aus Havel-Biografien und -Gesprächen. Wie vor 22 Jahren klapperten die Menschen mit ihrem Schlüsselbund und stimmten leise Protestlieder an. Vom Stadtzentrum zogen am späten Abend mehrere hundert Menschen in einem Trauerzug zur Prager Burg. Auch in der zweitgrößten Stadt Brünn (Brno) und in Ostrau (Ostrava) versammelten sich die Menschen am Sonntag spontan zu Trauerkundgebungen.

Friedensnobelpreisträger und Ex-Sowjetpräsident Michail Gorbatschow würdigte derweil die Verdienste Havels um die bilaterale Aussöhnung. "Als Symbol der künftig besseren Beziehungen unserer Völker schenkte mir Havel 1990 in Moskau eine Friedenspfeife", sagte Gorbatschow nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. Havel sei ein Staatsmann und Mensch mit hohen humanistischen Werten gewesen, immer offen für einen konstruktiven Dialog, sagte der 80-Jährige. Die tschechisch-russischen Beziehungen werden immer noch vom Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei 1968 belastet.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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