Politik

"Einwanderungs-Tsunami" Heftige Kritik an FPÖ

Die politische Führung Österreichs hat die Verunglimpfung des Propheten Mohammed durch eine Kommunalpolitikerin der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei (FPÖ) scharf kritisiert. "Das war nicht die Stimme Österreichs", sagte Bundespräsident Heinz Fischer beim Neujahrsempfang vor dem Diplomatischen Corps in Wien. "Das sind in unserem Land absolut inakzeptable Aussagen gegen den Islam, die ich mit Entschiedenheit verurteile." Österreich bekenne sich aus Überzeugung zum friedlichen und respektvollen Dialog der Kulturen, sagte Fischer.

Ein "Einwanderungs-Tsunami"

Die Grazer Politikerin der FPÖ und Spitzenkandidatin für die Kommunalwahl in der nächsten Woche, Susanne Winter, hatte am Wochenende bei einer Wahlveranstaltung den Propheten Mohammed als Kinderschänder bezeichnet. Sie begründete dies damit, dass er im Alter von 50 Jahren ein sechsjähriges Mädchen geheiratet habe. Sie sprach von "einem weit verbreiteten Kindesmissbrauch durch islamische Männer". Zudem komme auf die Stadt Graz ein "Einwanderungs-Tsunami" zu. Der Islam gehöre "dorthin zurückgeworfen, wo er hergekommen ist, hinter das Mittelmeer".

Graz, die Hauptstadt der Steiermark, hat statistisch einen der niedrigsten Bevölkerungsanteile von Muslimen in Österreich. In Österreich sind rund vier Prozent der Bevölkerung Muslime.

Die 50-jährige Juristin sagte, sie habe nicht die Absicht gehabt, jemanden zu beleidigen. Sie bleibe aber bei ihrem Standpunkt zum Propheten Mohammed. "Aus heutiger Sicht war das ein Fall ein Kindesmissbrauch", beharrt Winter.

Drohvideo aufgetaucht

Inzwischen tauchte nach Angaben der FPÖ ein so genanntes Drohvideo auf einer bekannten Videoplattform im Internet auf, das sich gegen die Beleidigung Mohammeds wendet und Gewalt androht. Allerdings ist die Herkunft des Videos, das ganz auf Deutsch gehalten ist, unklar. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte, dass die Behörden ermittelten. Die Politikerin erhielt von der Polizei Personenschutz.

Ermittlungen wegen Volksverhetzung

Die Staatsanwaltschaft Graz leitete Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen Winter ein. Winter soll in den nächsten Tagen von der Polizei vernommen werden. Im Falle einer Anklage und Verurteilung erwartet sie eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren.

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer sagte zu den Äußerungen der FPÖ-Politikerin, niemand habe das Recht, Angehörige einer Religionsgemeinschaft "zu verunglimpfen, zu beschimpfen oder zu beleidigen". Vertreter aller demokratischen Parteien und der Religionsgemeinschaften verurteilten die Aussagen scharf.

Der stellvertretende Nationalratspräsident Michael Spindelegger bezeichnete die Äußerungen Winters als "radikal, schockierend und keinesfalls geeignet, das Thema Islam zu diskutieren". Der steirische Landeshauptmann, Franz Voves (SPÖ) warnte, die FPÖ-Politikerin scheine sich nicht "bewusst zu sein, dass sie so Graz zu einem Terrorziel machen könnte".

Ungeachtet dieser öffentlich geäußerten Empörung über die Mohammed-Beleidigungen kündigte der konservative Landeshauptmann von Vorarlberg an, er werde in seinem Bundesland den Bau von Minaretten durch bürokratische Hürden erschweren. Der rechtspopulistische Landeshauptmann des Landes Kärnten, Jörg Haider, hat vor Monaten bereits ein Bauverbot für neue Minarette gefordert. Der konservative Landeshauptmann des Landes Niederösterreich, Erwin Pröll, nannte Minarette in der Alpenrepublik "artfremd".

Gewalttätige Reaktionen befürchtet

Nach der massiven Beleidigung des Islams werden in Österreich gewalttätige Reaktionen befürchtet. Der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, berichtete von einer "zornigen Stimmung" unter den Muslimen. Er sprach von Anrufen und Emails aufgeregter Gläubiger. Er versprach, sich mäßigend bei der muslimischen Gemeinschaft einzusetzen. Er könne jedoch gewalttätige Proteste nicht ausschließen.

Der Präsident der ägyptischen Gemeinde in Graz, Soleiman Ali, forderte die muslimische Bevölkerung der Stadt zur Besonnenheit auf, berichtete die Nachrichtenagentur APA.

Erinnerungen an den Karikaturenstreit

Provokative Karikaturen des Propheten Mohammed, die zuerst in einer dänischen Zeitung veröffentlicht worden waren, hatten Anfang 2006 zu teils blutigen Protesten in islamischen Ländern mit mehr als 100 Toten geführt.

Quelle: ntv.de

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