Kämpfen bis zur Erschöpfung Heiß wie die Hölle
05.02.2008, 18:36 UhrWahlkampf bis zur letzten Minute und bis zur völligen Erschöpfung: Hillary Clinton bricht bei einem Auftritt an ihrer alten Universität Yale die von zahllosen Reden raue Stimme. Auf einem Zeitungsfoto fährt sich Barack Obama müde übers Gesicht. Auch der republikanische Favorit John McCain klingt noch kurzatmiger als sonst. Die brutalen Gesetze der Kandidatenkür für die US-Präsidentschaftswahl haben sichtlich Spuren hinterlassen bei den Bewerbern nach einem Jahr Raserei landauf und landab. Drei Wahlkampfreden standen am "Super-Dienstag" alleine beim 71-Jährigen McCain auf dem Programm, bei Obama und Clinton jeweils eine.
Doch geht niemand davon aus, dass für die frühere First Lady und den schwarzen Senator nach der Mega-Abstimmung, der größten Vorwahl an einem Tag in der US-Geschichte, der parteiinterne Wettbewerb vorbei ist und nun für einen der beiden der Marsch aufs Weiße Haus beginnt. Der demokratische Wahlstratege Bill Carrick brachte die Lage in Anlehnung an den britischen Kriegspremier Winston Churchill auf den Punkt: "Die Demokraten sind am Ende des Anfangs, die Republikaner dagegen am Anfang des Endes."
Nichts ist klar
"Das Rennen bei den Republikanern ist so gut wie gelaufen, solange McCain nicht noch böse stolpert", folgert die "Washington Post" aus der deutlichen Führung des Senators aus Arizona in den Umfragen. Kommt alles wie erwartet, kann sich McCain nach dem "Super-Dienstag" voll auf den Präsidentschaftswahlkampf konzentrieren und seine Mittel dafür einsetzen und nicht, um parteiinterne Rivalen zu schlagen.
Sehr viel anders die Lage bei den Demokraten. "Das Rennen der Demokraten wird heute (am Super-Dienstag) nicht enden und vielleicht auch nicht in den nächsten zwei Monaten", prognostiziert die "Post". Nicht nur, dass Obama und Clinton in Umfragen extrem dicht beieinander liegen. Nach den Parteiregeln werden die Delegierten, die dann auf dem Nominierungsparteitag im Sommer endgültig über den Kandidaten abstimmen, vielerorts im Verhältnis zu den Stimmen und nach komplizierten Schlüsseln vergeben. Schon räumte das Obama-Lager ein, seine Rivalin werde vermutlich in mehr Staaten gewinnen als er. Die Strategen des Senators rechneten aber mit mehr Delegierten.
Auslegung entscheidend trotz praller Kassen
So erwarten Beobachter direkt nach dem "Super-Dienstag" zwischen Clinton und Obama ein Auslegungs-Duell der Wahlergebnisse, um den jeweiligen Führungsanspruch zu unterstreichen. "Es geht einzig um die Zeitungsüberschriften am Mittwoch, um deutlich zu machen, wer der wählbarere Kandidat ist", meint eine TV-Kommentatorin. Und nicht wenige rechnen damit, dass McCain dann der lachende Dritte ist.
Bleibt bei den Demokraten alles offen, geht für die Ex-First-Lady und den Senator die Hetzjagd durch die Staaten weiter. Nur eine Woche nach dem "Super-Dienstag" stehen Vorwahlen in Virginia und Maryland an, drei Wochen später Texas und Ohio, und bis zur eigentlichen Präsidentenwahl sind es danach noch acht Monate. Die Wahlkampfkassen beider sind derweil wohl gefüllt: Barack Obama überwiesen Anhänger alleine im Januar 32 Millionen Dollar (22 Millionen Euro), bei Hillary Clinton waren es immerhin 13,5 Millionen Dollar.
Von Frank Brandmaier, dpa
Quelle: ntv.de