Zerrüttetes Verhältnis Helmut Kohls Sohn rechnet ab
25.01.2011, 18:11 Uhr
Helmut und Walter Kohl bei der Beerdigung von Hannelore Kohl.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die CDU sei immer die wahre Familie seines Vaters gewesen, bilanziert Walter Kohl. Der Sohn des Altkanzlers Helmut Kohl veröffentlicht seine Erinnerungen an das Leben mit dem Über-Politiker. Und weiß zu berichten, dass er sich immer als Teil einer Inszenierung gefühlt habe. Dementsprechend zerrüttet ist das Verhältnis heute.
Dieser Moment im Leben von Walter Kohl beschreibt das Verhältnis zu seinem Vater, dem Altkanzler, vielleicht am schmerzhaftesten. "Walter, deine Mutter ist tot", sagt die Stimme am anderen Ende des Telefons. Der Überbringer der Nachricht vom Freitod Hannelore Kohls ist an diesem Tag im Juli 2001 nicht ihr Ehemann, nicht der Vater der beiden Söhne. Es ist dessen Büroleiterin.
Walter Kohl hat die Erinnerung daran in einem Buch festgehalten. In "Leben oder gelebt werden" schildert er seine zum Teil erschütternde Sicht auf seinen Vater Helmut Kohl. Ein Mann, der deutsche Geschichte schrieb und die Republik prägte. Ein Mann, dessen wahre Familie nach den Worten seines Sohnes nicht Frau und Kinder, sondern die CDU war - "der Clanchef eines Stammes".
Ein Wochenmagazin hat Auszüge aus dem 274 Seiten starken Buch abgedruckt. Bei allem, was über Brüche zwischen Söhnen und ihren berühmten Vätern generell und über die schwierige Beziehung zwischen Walter Kohl und seinem Vater bekannt war - diese Schilderung geht zu Herzen.
Danach glaubt der "Sohn vom Kohl", wie sich Walter Kohl (Jahrgang 1963) selbst beschreibt, auch nicht mehr an eine Reaktion seines heute 80-jährigen Vaters. "Ich habe es nicht geschafft, meinen Vater zu erreichen." Jahrzehntelang habe er auf ein "klärendes Gespräch" gehofft. "Heute weiß ich, dass wir dieses Gespräch nie führen werden."
Walter, der ältere Sohn, beurteilt den Vater als Vater und nicht als Bundeskanzler. Als Vater hat er für ihn versagt. "Jahrzehntelang hat er sein bestes in Partei- und Gremienarbeit investiert (...). Das war sein Sinnen und Trachten, es rangierte weit vor der Familie und dem Privatleben. Wir liefen auf seiner politischen Bühne mit, als Teil des Bühnenbildes, aber ohne tragende Rolle."
Wenn der Fernfahrer hupte ...
Mit kindlicher Sehnsucht schaute er auf seinen Freund aus der Nachbarschaft. Dessen Vater war Fernfahrer und kam mit seinem Lastwagen nach Hause. Zur Begrüßung hupte er laut. Den eigenen Vater empfand Walter Kohl als Gast im eigenen Haus.
Er berichtet offen von seiner inneren Versteinerung, seinen Gedanken, wie die Mutter das Leben selbst zu beenden. Der eigene kleine Sohn habe ihn dann von diesem Schritt abgehalten. "Wie konnte ich mich davonstehlen? Da gab es einen Menschen, der mir bedingungslos vertraute."
Von der zweiten Ehe seines Vater mit Maike Richter erfährt der Sohn im Mai 2008 durch ein Telegramm. "Heidelberg 8. Mai. Wir haben geheiratet. Wir sind sehr glücklich. Maike Kohl-Richter und Helmut Kohl", steht darauf. Aus einer Boulevard-Zeitung erfährt er dann Details.
"Mein Vater hat sich inzwischen vollständig von mir losgesagt." Auf die Frage, ob er "die Trennung" wolle, habe Helmut Kohl knapp geantwortet: "Ja." Walter Kohl bilanziert: "Er war nie ein Vater wie andere Väter, er war immer ein Sonderfall. (...) Er bleibt mein Vater, aber er ist weit weg."
Quelle: ntv.de, dpa