Wegen V-Mann aus der rechten Szene Henkel kommt ins Schleudern
17.09.2012, 13:06 UhrDer Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses Edathy will den Berliner Innensenator Henkel wegen dessen verzögerter Weitergabe von Informationen über die rechtsextreme Terrorzelle vor den Ausschuss zitieren. "Es ist für eine Rücktrittsforderung zu früh", so Edathy. Henkel müsse dem Ausschuss Rede und Antwort stehen.
IIn der Affäre um nicht weitergeleitete Akten zu einem V-Mann aus der rechtsextremen Szene gerät Berlins Innensenator Frank Henkel immer stärker unter Druck. Der CDU-Politiker soll wegen der Vorgänge vor den Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Neonazi-Mordserie geladen werden, wie dessen Vorsitzender Sebastian Edathy von der SPD ankündigte. Fehler bei der Aufklärung der Mordserie räumte Bundeskanzlerin Angela Merkel ein.
Henkel sei in der "Begründungspflicht", sagte Edathy dem ZDF. "Wir werden ihn einladen, damit er dem Ausschuss Rede und Antwort stehen kann." Es sei ein Skandal, dass die Berliner Behörden dem Ausschuss die wichtigen Akten über den V-Mann, der über den Verbleib des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) Bescheid gewusst haben sollen, nicht zukommen ließen. "Wer glaubt, er könne irgendetwas unter den Teppich kehren, der muss damit rechnen, irgendwann über den Teppich zu stolpern", sagte Edathy.
Der Grünen-Vertreter im U-Ausschuss zu den Neonazi-Morden, Hans-Christian Ströbele, wandte sich im RBB gegen die Überlegungen Henkels, einen Sonderermittler mit der Angelegenheit zu betrauen. "Er soll uns mal ganz schnell die Informationen geben", sagte Ströbele an die Adresse Henkels.
In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die Berliner Sicherheitsbehörden einen V-Mann hatten, der bereits 2002 Hinweise auf den Verbleib der untergetauchten Mitglieder des NSU gegeben haben soll. Die Berliner Behörden gaben die Akten zu dem Mann aber nicht an den Ausschuss weiter und sagten auf Anfrage, sie hätten keinerlei Unterlagen zu den Neonazi-Morden.
Körting zieht sich aus Kommission zurück
Der heute 44-jährige V-Mann soll sich mindestens fünfmal mit der Polizei getroffen haben. Ende der 90er Jahre soll er die drei NSU-Mitglieder mit Sprengstoff versorgt haben, von 2000 bis 2011 soll er dann dem LKA als Quelle gedient haben. Der Mann ist einer von 13 Beschuldigten, gegen die die Generalbundesanwaltschaft im Zusammenhang mit der Mordserie der NSU ermittelt.
Als Konsequenz aus der Berliner V-Mann-Affäre zog sich der frühere Berliner Innensenator Ehrhart Körting von der SPD aus der Bund-Länder-Kommission zu den Neonazi-Morden zurück. Er wolle angesichts des verschwiegenen V-Mann-Kontakts "nicht den Anschein von Befangenheit erwecken", sagte Körting laut Berliner "Tagesspiegel". Körting war von 2001 bis 2011 Innensenator in Berlin.
Merkel kritisierte, die Aufklärung der Mordserie laufe "an etlichen Stellen nicht so, wie ich das für richtig halte". Sie forderte Konsequenzen und sagte, eine bereits im August 2011 eingerichtete Kommission zur Terrorismus-Bekämpfung solle nun auch das Zusammenspiel der Sicherheitsbehörden und ihre Strukturen mit Blick auf die NSU-Mordserie beleuchten.
Über V-Leute aus der rechtsextremen Szene wird auch die neue Rechtsextremismus-Datei (RED) keinen Aufschluss geben. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes würden Informationen über einen V-Mann-Tätigkeit nicht in die Zentraldatei eingespeist, hieß es aus Sicherheitskreisen. Die Datei nimmt am Mittwoch nach dreimonatiger Aufbauarbeit ihren Betrieb auf.
Quelle: ntv.de, AFP