Euro-Gipfel in Paris Hilfe für Euro-Banken
12.10.2008, 09:48 UhrDie 15 Staaten der Euro-Zone spannen einen Schutzschirm über ihrem gesamten Bankensystem auf. In der Erklärung ihres ersten Gipfeltreffens dehnten die Staats- und Regierungschefs die geplanten Maßnahmen auf die ganze Branche aus. Bisher kamen angeschlagene Institute in den Genuss staatlicher Hilfe. Der Beschluss schafft einen detaillierten Rahmen für jeweilige Maßnahmen der Mitgliedstaaten.
In der Passage über die Geschäfte zwischen Banken versprechen die Euro-Staaten verschiedene Hilfen zu Marktbedingungen, um die derzeit schwierigen Kreditbedingungen für die Institute zu verbessern. Dies soll nur für eine Übergangszeit gelten, bezieht sich aber ausdrücklich auch auf zahlungsfähige Banken.
Als weitere Möglichkeit der Hilfe sieht das Gipfeldokument den Einstieg der Mitgliedstaaten bei Banken vor – etwa durch den Kauf stimmrechtlosen Vorzugsaktien. Der Preis solle den Marktwert des betreffenden Instituts berücksichtigen. Eine Beschränkung auf angeschlagene Unternehmen ist auch hier nicht vorgesehen. Die Banken sollten dabei allerdings bestimmten Bedingungen unterworfen werden, heißt es in der Abschlusserklärung.
Die Gipfelrunde begrüßte zudem, dass die Europäische Zentralbank eine Unterstützung anderer Unternehmen prüfen wolle. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet bestätigte, dass die Zentralbank überlegen wolle, wie sie Firmen außerhalb des Bankensektors frisches Geld verschaffen könne.
Berlin hat es eilig
Die Bundesregierung will in einem Eilverfahren bis Ende kommender Woche ein umfassendes Stabilisierungs-Paket für die deutschen Banken durch Bundestag und Bundesrat bringen. Dazu sollen die Vorschläge bereits an diesem Montag im Kabinett beschlossen werden. Schon am Dienstag könnten sich dann die Fraktionen und der Bundestag in erster Lesung mit den notwendigen Gesetzentwürfen beschäftigen, hieß es.
Das Hilfspaket könnte den Steuerzahler nach Schätzungen in den Fraktionen zumindest kurzfristig mit Beträgen von 100 bis 250 Milliarden Euro belasten. Der Bundeshaushalt für 2008 macht gut 283 Milliarden Euro aus. Im besten Fall würde der Staat aber letztlich alles Geld zurückerhalten.
In den Koalitionsfraktionen hofft man, dass sich die Opposition dann mit einer schnellen Beratung einverstanden erklärt. Ziel ist es, dass das Paket spätestens am kommenden Samstag durch Bundestag und Bundesrat notfalls in Sondersitzungen gebracht werden kann. Die Regierung will den Informationen zufolge schnellstmöglich mit den Fraktionen in Gespräche über diesen Zeitplan eintreten.
Paket mit vier Elementen
- Mittels einer staatlichen Garantie sollen die Banken wieder motiviert werden, sich gegenseitig Geld zu leihen. Wegen des Vertrauensverlustes im Finanzmarkt ist derzeit das Vertrauen der Banken untereinander gestört. Immer mehr Banken parken überschüssiges Geld bei den Zentralbanken, anstatt es selbst zu günstigeren Zinsen anderen Instituten zu geben. Eine Staatsgarantie könnte bewirken, den Banken die Angst vor dem Geldverleihen an andere Institute zu nehmen und so wieder den für die Volkswirtschaft wichtigen Liquiditätsfluss in Gang setzen.
- Ähnlich dem Modell in den USA könnten sogenannte Risikopositionen der Banken - also zum Beispiel Zertifikate, die auf faulen Immobiliendarlehen beruhen - bei einer "Bad-Bank" ausgelagert werden, die diese mit staatlichem Geld aufkauft. Das würde den Haushalt in jedem Fall stark belasten.
- Die Krise hat die Eigenkapitaldecke der Banken mehr oder weniger angefressen. Grund: Wegen der faulen Positionen müssen die Banken immer höhere Abschreibungen vornehmen, was Eigenkapital kostet. Die britische Regierung will den Banken bereits zum Ausgleich Staatskapital anbieten im Gegenzug zu Beteiligungen an den Banken. Diese könnten später vom Staat wieder verkauft werden.
- Wie von der Kanzlerin am Dienstag in der Regierungserklärung angesprochen wird in jedem Fall das Bilanzrecht geändert werden und zwar EU-weit. Ziel auch hier: Die Belastung der Rechnungslegung durch die Risikopositionen mindern nach dem Vorbild der USA.
Hilfsfonds von 100 Milliarden Euro
Das "Handelsblatt" berichtet unterdessen, dass die Regierung zur Stärkung der Eigenkapitalbasis einen Hilfsfonds von bis zu 100 Milliarden Euro bereitstellen wolle. Die Eigenkapitalspritze, die Bundesfinanzminister Steinbrück und Bundesbankpräsident Axel Weber im Rahmen des G7-Finanzministertreffens als Rekapitalisierungshilfe bezeichnet haben, soll privaten Geschäftsbanken, Landesbanken und Versicherungen angeboten werden, um Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Finanzindustrie zu vermeiden, hieß es in Verhandlungskreisen.
Die Vergabe der Staatsgelder will die Bundesregierung unter strenge Auflagen stellen, berichtet das Blatt weiter. Konkret sähen die Regierungspläne vor, die staatlichen Eigenkapitalhilfen nur dann zu gewähren, wenn sich die Banken verpflichten, ihre Geschäftsmodelle, Bonussysteme und Abfindungsregeln zu reformieren.
Quelle: ntv.de