Einig über Schuldenbremse Hilfe für ärmere Länder
12.02.2009, 21:27 UhrBund und Länder haben einen Durchbruch im Streit über Finanzhilfen an ärmere Länder erzielt. Sie einigten sich bei der entscheidenden Sitzung der Föderalismuskommission zur Bund-Länder-Finanzreform in Berlin darauf, dass fünf ärmere Länder von 2011 bis 2019 insgesamt Hilfen von 800 Millionen Euro pro Jahr bekommen sollen - von Bund und reicheren Ländern. Eine grundsätzliche Einigung gab es auch bei der geplanten Änderung des Grundgesetzes für Schuldenbremse und Finanzhilfen. Das Ziel ist, dass Bund und alle 16 Länder ab 2020 keine neuen Schulden mehr machen.
Schuldenbremse wird angezogen
Die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission, SPD-Fraktionschef Peter Struck und der baden-württembergische CDU-Ministerpräsident Günther Oettinger, sehen nun keine Hürden mehr für die erforderlichen Verfassungsänderungen. Es habe eine "breite Mehrheit in der Kommission" für die Empfehlungen gegeben, die im März im Bundestag und Bundesrat beraten werden sollen, sagte Oettinger. Struck zeigte sich "hochzufrieden" mit dem Ergebnis. Die Föderalismuskommission II habe ihre Arbeit damit "faktisch beendet".
Eine Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat sei erreichbar, sagte Oettinger. Das Paket solle in der letzten Bundesratssitzung in dieser Legislaturperiode im Juli endgültig verabschiedet werden.
Konsolidierungshilfen stehen
Bremen soll laut Beschluss 300 Millionen Euro, das Saarland 260 Millionen, Berlin, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein je 80 Millionen Euro im Jahr bekommen. Mecklenburg-Vorpommern, die Grünen und die Linke waren laut Teilnehmerangaben dagegen. Schleswig- Holstein scheiterte mit der Forderung nach mehr Geld. Das Land enthielt sich bei der Entscheidung über die Finanzhilfen. Eine Arbeitsgruppe wird jetzt die notwendigen Begleitgesetze ausarbeiten. Diese sollen dann in einer abschließenden Sitzung der Föderalismuskommission II am 5. März beraten.
Verfassungsklagen möglich
Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) zeigte sich erfreut. "Das ist ein starkes Stück an Föderalismus und Solidarität der Länder." Der schleswig-holsteinische SPD-Fraktionschef Ralf Stegner gab eine Erklärung für die SPD-Landtagsfraktionen ab, dass die Hilfen nicht ausreichend seien. Er hält Verfassungsklagen für notwendig. "Diese Vereinbarung schränkt Budget-Rechte der Parlamente entscheidend ein, wenn diese Parlamente keine neuen Schulden mehr machen dürfen", sagte er. "Dies ist eine Einigung des Bundestages und des Bundesrates zulasten der Landesparlamente." Bremen und das Saarland wollen ihre Klagen wegen schlechter Finanzausstattung zurücknehmen, wenn die Vereinbarungen unter Dach und Fach sind.
Osten mit im Spender-Boot
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) scheiterte mit der Forderung, die Ost-Flächenländer von dem Fonds für Hilfen auszunehmen. Auch die SPD-Fraktionschefs der ostdeutschen Landtage hatten gefordert, die neuen Länder vom Fonds für Entschuldungshilfe auszunehmen.
Grundgesetzänderung im Sommer
Bund und Länder wollen die Regelung über eine Schuldenbremse im Grundgesetz bis zum Sommer unter Dach und Fach bringen. Das kündigten die Vorsitzenden der Föderalismuskommission II, SPD-Fraktionschef Peter Struck und Baden-Württembergs CDU-Ministerpräsident Günther Oettinger, vor der Sitzung an. "Wir werden im März im Deutschen Bundestag und spätestens im Juli im Bundesrat die Änderung des Grundgesetzes verabschieden", sagte Struck. Er forderte ein Ende der Schuldenmentalität. Oettinger betonte, Bund und Länder sollten nur noch Schulden mit einem Tilgungsplan machen.
Keine neuen Schulden ab 2020
Nach dem Kompromiss, den Bund und Länder grundsätzlich bereits in der vergangenen Woche vereinbart hatten, soll der Bund nur noch Schulden in Höhe von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung machen dürfen. Dies wird im Grundgesetz festgeschrieben. Die Länder sollen ab 2020 die Neuverschuldung auf Null senken.
Ausnahmen für Notlagen
Für Notlagen soll es Ausnahmen geben. "Wir sprechen von Naturkatastrophen und von außergewöhnlichen Notsituationen", sagte Oettinger. Die Wirtschaftskrise sei eine außergewöhnliche Notsituation. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bekräftigte seine Skepsis gegenüber der Schuldenbremse: "Da können die meisten, die das heute beschließen werden, sich damit trösten, dass sie es nicht mehr sein werden, die es umsetzen."
Die Bund-Länder-Gruppe hatte mehr als zwei Jahre lang getagt. Das frühere Ziel war eine Neuordnung der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern.
Quelle: ntv.de