CSU-Parteitag in München Hochamt christsozialen Selbstbewusstseins
22.11.2013, 16:39 Uhr
Horst Seehofer hat viele Posten zu verteilen. Bislang hat er nur einen Namen genannt.
(Foto: dpa)
Der CSU-Parteitag dürfte für Horst Seehofer ein großer Erfolg werden. Dennoch überschatten zwei Probleme das Treffen: Die Pkw-Maut ist noch immer nicht in Sicht. Und die bisherigen CSU-Minister müssen sich Sorgen um ihren Job machen.
Über Posten wird zum Schluss gesprochen, lautet eine eiserne Regel in Koalitionsverhandlungen. Für die CSU gilt das natürlich nicht, sie ist "die erfolgreichste Partei aller Zeiten", wie CSU-Politiker gerne betonen.
An diesem Freitag und Samstag treffen sich die Christsozialen in München zu einem Parteitag der besonderen Art. Nach ihren spektakulären Wahlerfolgen bei der Landtags- und Bundestagswahl im Oktober kann die CSU vor Kraft kaum laufen. Der Vater des Erfolgs ist Horst Seehofer. Wenn er sich am Samstag zur Wiederwahl stellt, dürfte das Ergebnis weitaus besser sein als bei seinen drei früheren Wahlen, bei denen er jeweils um die 90 Prozent erreicht hat.
Bislang hat der Erfolg der CSU allerdings nicht dazu geführt, dass die Partei bei den Koalitionsverhandlungen viele Punkte machen konnte. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ist zwar immer für einen bissigen Spruch gut. Doch für die Pkw-Maut, die das wichtigste Ziel der CSU auf Bundesebene zu sein scheint, liegt noch immer kein Kompromiss auf dem Tisch.
Hohn und Harmonie
Seehofer ist das egal. Die "Pkw-Maut für Ausländer" werde kommen, sagte er unmittelbar vor Beginn des Parteitags. Dazu werde es "eine sehr klare, saubere Vereinbarung" geben. Drei Bedingungen müssen dafür erfüllt werden: Die Maut muss europarechtlich in Ordnung sein, Fahrer aus dem Ausland dürfen also nicht allzu deutlich diskriminiert werden. Außerdem darf sie nicht mehr kosten, als sie einbringen wird. Und schließlich sollen deutsche Autofahrer nicht stärker belastet werden als bislang.
Experten bezweifeln, ob all diese Bedingungen erfüllt werden können. Die Christsozialen juckt das nicht. Auf Kritik aus der Schwesterpartei reagieren CSU-Politiker dennoch überraschend aggressiv. "Sehr klug vom Kollegen Armin Laschet, sich bei Lanz mit der CSU anzulegen. Ein Vollprofi!", höhnte die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär am Vorabend des Parteitags via Twitter.
Auf der höchsten Ebene spielt dieser Streit allerdings keine Rolle. An diesem Freitag spricht Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel zu den rund 1000 Delegierten, danach nimmt sie am geselligen Abend teil. Das Signal: Wir lassen uns nicht spalten.
Dobrindt wird Bundesminister
Auch die Mütterrente werde im Koalitionsvertrag stehen, sagte Seehofer. Das wäre tatsächlich ein Erfolg der CSU. Allerdings wird die Partei mit diesem Vorhaben kaum noch in Verbindung gebracht: Obwohl die CDU-Spitze das Projekt nur widerwillig in das gemeinsame Wahlprogramm aufgenommen hat, gilt die Mütterrente mittlerweile als ihr Anliegen.
Dennoch ist Seehofer nach eigener Aussage hochzufrieden mit seinem Generalsekretär. Nach seiner "großartigen Leistung der letzten Jahre" soll Dobrindt daher Bundesminister werden. In welchem Amt, hat Seehofer noch nicht verraten. Doch die bayerische Wahrscheinlichkeitsrechnung legt nahe, dass er Innenminister Hans-Peter Friedrich ersetzen wird.
Wer übernimmt das Agrarressort?
Denn es ist kaum wahrscheinlich, dass Seehofer keine Frau ins Bundeskabinett schicken wird. Damit müsste die Entscheidung zwischen Friedrich und Verkehrsminister Peter Ramsauer fallen. Zur Frauenquote kommt die bayerische Regionalquote. Die besagt, dass einer der drei CSU-Bundesminister Franke sein muss. Friedrich ist Oberfranke. Wenn er geht, ist der Weg frei für eine Frau aus Franken. Und genau eine solche ist seit Monaten im Gespräch als Landwirtschaftsministerin: die CSU-Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler. In den Koalitionsverhandlungen vertritt Mortler die CSU als einzige Frau in der Arbeitsgruppe Umwelt und Landwirtschaft.
Das Agrarressort, das bis vor kurzem die heutige bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner innehatte, will Seehofer unbedingt behalten. "Ich werde als bayerischer Ministerpräsident Wert darauf legen, dass Bayern auch künftig das Landwirtschaftsministerium führt", sagte er.
Aus dem CSU-Vorstand heißt es dagegen, es sei sehr wahrscheinlich, dass Friedrich und Ramsauer Minister bleiben werden. Doch diese Rechnung könnte ohne Seehofer gemacht worden sein: Auf die Frage, ob Ramsauer und Friedrich als Minister "gesetzt" seien, hatte der Ministerpräsident am Donnerstag gesagt: "Ich gebe nichts auf 'gesetzt'. Mir sind drei Bundesminister wichtig. Die Namen stehen ganz am Schluss."
"Ich weiß den Namen"
Sollte es doch eine rein männliche Lösung für den CSU-Anteil im Kabinett geben, stiegen die Chancen von Dorothee Bär, CSU-Generalsekretärin zu werden. Zwar ist der Vorsitz der CSU-Landesgruppe mit Gerda Hasselfeldt von einer Frau besetzt. Doch dürfte dieser Job kaum reichen, um die CSU-Frauen zufriedenzustellen. In Seehofers Kopf ist der Posten des Generalsekretärs jedenfalls schon besetzt: "Ich weiß den Namen, werde ihn aber nicht preisgeben."
Wie immer Seehofer das Ämterkarussell auch besetzt, Sorgen um den eigenen Job muss er sich nicht machen. Seine Nachfolger sind versorgt: Aigner ist seit der Landtagswahl Wirtschaftsministerin in Bayern, ihr Konkurrent um die Seehofer-Nachfolge, Markus Söder, ist Finanzminister.
Trotz der vielen offenen Fragen wird der CSU-Parteitag zweifellos ein Hochamt des christsozialen Selbstbewusstseins werden. Mittlerweile kann Seehofer es sich sogar leisten, den höchst unbequemen Peter Gauweiler als Vizeparteichef vorzuschlagen. Vor zwei Jahren war Gauweiler noch ohne Seehofers Unterstützung angetreten und hatte gegen Ramsauer den Kürzeren gezogen.
Quelle: ntv.de