Politik

"Die Erde ist eine Scheibe" Hohn und Spott für Steinmeier

Mit einem "Deutschland-Plan" will SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier die SPD aus dem Tal der Tränen holen. Doch bisher erntet er mit seiner Ankündigung, im kommenden Jahrzehnt vier Millionen neue Jobs zu schaffen, vor allem Hohn und bissige Kritik.

Steinmeier hat nur noch wenig Zeit, um das Ruder rumzureißen.

Steinmeier hat nur noch wenig Zeit, um das Ruder rumzureißen.

(Foto: AP)

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte der Zeitung "Bild am Sonntag", die Menschen seien "es leid, immer zu Wahlkampfzeiten mit Versprechen überschüttet zu werden". Die Bürger "erwarten zu Recht konkrete Vorschläge. Dabei ist bei der SPD bisher wenig zu finden." Auch CSU-Chef Horst Seehofer kritisierte die Ankündigungen. Seehofer sagte dem "Handelsblatt": "Dieses simple Ausgeben von Zielmarken erinnert mich doch stark an die Illusionen der sozialistischen Planwirtschaft."

Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin warf der SPD "Produktpiraterie" vor. Die Grünen haben für ihren Wahlkampf die Schaffung von einer Million neuer Jobs durch den ökologischen Umbau der deutschen Wirtschaft als Ziel ausgegeben. Trittin erklärte, die Grünen rechneten dabei "konkret" und "konservativ" für die nächste Legislaturperiode. Steinmeier hingegen mache "wolkige Versprechungen" für Vollbeschäftigung in den kommenden zehn Jahren.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel bezeichnete Steinmeiers Pläne als "Akt der Verzweiflung, um mit einem unseriösen Wahlgeschenk die am Boden liegende SPD wieder aufzurichten". CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach erklärte im "Hamburger Abendblatt", vier Millionen neue Arbeitsplätze seien völlig unrealistisch. Die Linkspartei stieß ins gleiche Horn. "Die SPD schafft vier Millionen Arbeitsplätze, und die Erde ist eine Scheibe", sagte Linken-Geschäftsführer Dietmar Bartsch.

Vier Millionen neue Jobs

In 2020 soll dies ein Ende haben: Steinmeier verspricht Vollbeschäftigung.

In 2020 soll dies ein Ende haben: Steinmeier verspricht Vollbeschäftigung.

(Foto: dpa)

In einem "Deutschland-Plan", den Steinmeier am Montag erläutern will, verspricht er als als Kanzler in den kommenden Jahren die Arbeitslosigkeit zu besiegen. "Wir zeigen, wie Deutschland mit kluger Politik im nächsten Jahrzehnt insgesamt vier Millionen neue Arbeitsplätze schaffen kann", heißt es in dem dem "Spiegel" vorliegenden Papier. "Bis 2020 wollen wir die Arbeitslosigkeit besiegen." Der derzeitige Bundesaußenminister will durch sparsameren Einsatz von Energie und Rohstoffen in der Industrie sowie die Förderung grüner Schlüsseltechnologien zwei Millionen Arbeitsplätze schaffen. Unter ihm als Kanzler werde Deutschland zum "Silicon Valley umweltschonender Industrieproduktion".

Eine Million Jobs sollen in der Gesundheitsbranche entstehen, wo Steinmeier allein für die Kranken- und Altenpflege mehrere hunderttausend Stellen schaffen wolle. Eine halbe Million Arbeitsplätze sollten in der Kreativwirtschaft entstehen, eine weitere halbe Million in den sonstigen Dienstleistungen und im Handel. Darüber hinaus plant Steinmeier demnach im Fall seiner Wahl zum Bundeskanzler, eine "Allianz für den Mittelstand" zu gründen. In dieser sollten im Kanzleramt Wirtschaft, Gewerkschaften und Banken an einen Tisch geholt werden, um Branchen- und Beschäftigungsstrukturen zu sichern.

"Keine Spürnase für Themen"

Die Demoskopen der Meinungsforschungsinstitute Emnid und Forsa trauen Steinmeier indes nicht mehr zu, nach dem Vorbild von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Wahlkampfendspurt 2005 eine Aufholjagd auf die Union hinzulegen. "Bisher fehlt ein großes Gewinnerthema. Zudem habe er "nicht die Spürnase für Themen wie Schröder", sagte Emnid-Geschäftsführer Klaus-Peter Schöppner der "Welt am Sonntag".

Forsa-Chef Manfred Güllner sagte der "WamS", 2005 sei das Motiv der unentschlossenen Wähler, sich am Ende für die SPD zu entscheiden, ganz klar mit dem Namen Gerhard Schröder verbunden gewesen. "Der fehlt aber heute. Zudem war der SPD-Kanzler 2005 populärer als die Herausforderin Angela Merkel. Jetzt ist es umgekehrt."

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/rts

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