Politik

Verbot seit 150 Jahren Homosexualität in Indien wird legal

Schwule Pärchen feierten das Urteil als Ende ihrer Diskriminierung.

Schwule Pärchen feierten das Urteil als Ende ihrer Diskriminierung.

(Foto: REUTERS)

Trotz Vorbehalte in vielen Bevölkerungsgruppen und Parteien ist in Indien das Verbot der Homosexualität nach fast 150 Jahren vom Obersten Gericht aufgehoben worden.

Mit einem historischen Grundsatzurteil hat der Oberste Gerichtshof in Neu Delhi das seit fast 150 Jahren geltende offizielle Verbot der Homosexualität in Indien aufgehoben. Die Regel verstoße gegen den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz, hieß es in der Begründung der Richter. Der in der Praxis selten angewandte Paragraf 377 des indischen Strafgesetzbuches, dem zufolge Homosexualität mit Gefängnis von zehn Jahren geahndet wird, sei daher nicht verfassungskonform. Die Vereinten Nationen begrüßten die Entscheidung. Das Urteil kann vor dem Verfassungsgericht angefochten werden.

Schwule hatten in Indien lange für ein Ende der Kriminalisierung von Homosexuellen gekämpft. Sie sahen in dem Paragrafen 377 eine Verletzung ihrer Grundrechte. Das Gesetz aus der britischen Kolonialzeit stammt aus dem Jahr 1861 und besagt, dass es sich bei Homosexualität um "unnatürliche Liebe" handele. Das Grundsatzurteil wurde von Schwulen und Lesben in ganz Indien mit großer Freude aufgenommen. Hinduistische, muslimische und christliche Gruppierungen in dem traditionell konservativen Land kritisierten die Entscheidung des Gerichts dagegen scharf.

Partei warnt vor Anarchie

Die hindu-nationalistische BJP-Partei meinte, die Aufhebung des Paragrafen 377 werde zu Anarchie führen. Der Sprecher der Katholischen Bischofskonferenz in Indien, Reverend Babu Joseph, sagte: "Obwohl das Gesetz einer Novellierung bedarf und Homosexuelle nicht als Kriminelle behandelt werden sollen, können wir es nicht befürworten, dass Homosexualität als normal und sozial akzeptabel angesehen wird." Muslimische Gruppen kritisierten, Homosexualität führe zu AIDS und dürfe nicht legalisiert werden.

In der Begründung des Gerichtes hieß es: "Die in der indischen Gesellschaft tief verankerte Gleichbehandlung aller Menschen sieht einen Platz für jeden vor. Solche, die von der Mehrheit als "andersartig" gesehen werden, dürfen nicht ausgeschlossen werden." UNAIDS - die Arbeitsgruppe für HIV/AIDS bei den Vereinten Nationen - teilte mit, mit der Grundsatzentscheidung habe das Gericht "die Würde und die Menschenrechte" Homosexueller in Indien wieder hergestellt. Nach Schätzungen indischer Medien sind rund 2,5 Millionen der 1,1 Milliarden Inder homosexuell.

Dem Urteil waren Gesuche von Betroffenen und Hilfsorganisationen - unter anderem von der Naz Foundation, einer Vereinigung homosexueller Rechtsanwälte - vorausgegangen, die ein Ende der Kriminalisierung von Homosexuellen forderten. Vor dem Gericht in der indischen Hauptstadt feierten zahlreiche Menschen das Urteil. Leslie Ashley, eine der Aktivistinnen, sagte: "Das ist ein sehr emotionaler Tag für uns, weil unser Land damit einen weiteren Schritt hin zu einer liberalen Demokratie gemacht hat, in der Minderheiten respektiert werden."

Quelle: ntv.de, dpa

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