Politik

Zensur ausgehebelt Hongkonger chatten ohne Netz

Handys statt Fäusten: Die Demonstranten in Hongkong fordern mehr Demokratie - und lassen sich dabei nicht zensieren.

Handys statt Fäusten: Die Demonstranten in Hongkong fordern mehr Demokratie - und lassen sich dabei nicht zensieren.

(Foto: REUTERS)

Die Demonstranten in Hongkong fürchten, von der Regierung technisch ruhiggestellt zu werden. Doch sie haben schon eine Lösung: Die App FireChat lässt sich nicht von außen kontrollieren. Bei der Benutzung ist jedoch Vorsicht geboten.

Ein Goldener Schild liegt über dem Internet in China. Wer im Reich der Mitte auf Facebook, Twitter oder Youtube zugreifen will, wird geblockt. Wer sich über die religiöse Bewegung Falun Gong oder Tibet informieren will, landet auf einer leeren Seite. Und auch Bloggingportale wie Wordpress oder die Seiten von internationalen Nachrichtensendern werden immer wieder lahmgelegt. Mit dem "Projekt Goldener Schild" hat China die weltweit dichteste Zensur im Internet errichtet.

Der Goldene Schild soll nicht nur vor regierungskritischem Gedankengut schützen, sondern auch Andersdenkenden das Leben schwer machen. Das bekommen derzeit auch die Demonstranten in Hongkong zu spüren. Wenn sie ihre Botschaften digital ins Ausland senden wollen, müssen sie den Schild unterwandern, was nicht nur technisch anspruchsvoll, sondern vor allem strafbar ist. Auch ihre Kommunikation untereinander wird durch die Zensur erschwert, vor allem, weil auch SMS von den staatlichen Anbietern überwacht werden. Wer verräterische Schlüsselwörter verschickt, dessen Handy wird erstmal gesperrt, und er wird der Polizei gemeldet. Viele der Demonstranten befürchten außerdem, dass die Regierung bei großen Aktionen die Mobilfunknetze und Internetverbindungen lahmlegen könnte. Dann wäre ein großflächiger Austausch unter den Protestierenden nicht mehr möglich.

Lösung per Bluetooth

Doch dagegen haben sich die Menschen auf Hongkongs Straßen gewappnet. Sie chatten, egal ob sie Netz haben oder nicht. Dazu verwenden sie eine App namens FireChat. Der Messenger funktioniert über Bluetooth und stellt frei zugängliche Chaträume zur Verfügung. Hier werden Nachrichten anonym und unverschlüsselt versendet. Ein Privatchat ist nicht möglich. Ursprünglich war die App für Veranstaltungen gedacht, bei denen das normale Netz überlastet ist, wie etwa auf Konzerten. Aber auch für die Zwecke der Demonstranten in Hongkong ist der Messenger ideal: Je mehr Smartphones am Chat teilnehmen, desto stabiler ist das Netz. Die Reichweite der Bluetooth-Verbindung ist allerdings eingeschränkt, etwa hundert Meter weit reicht der Empfang. Auf den Demonstrationen stört das allerdings kaum.

Der 17-jährige Joshua Wong ist einer der Köpfe der Großkundgebungen. Er hat die Demonstranten jetzt dazu aufgerufen, dieses FireChat zu installieren. Nach Angaben der Entwicklerfirma Open Garden laden sich seither jeden Tag über 100.000 Nutzer die kostenlose App herunter. Auf ihrer Facebook-Seite solidarisiert sich die Firma mit den Demonstranten. "Wir hoffen, dass FireChat euch gute Dienste leisten wird. Wir beten für euch", heißt es dort. Gleichzeitig wird davor gewarnt, dass die Nachrichten in FireChat nicht verschlüsselt werden. Daher sollen keine persönlichen Daten angegeben werden. In China muss man immer damit rechnen, das die Regierung mitliest. Wer also brisante Informationen verbreitet und dabei persönliche Daten angibt, gerät schnell ins Fadenkreuz.

Regierung hat keinen Einfluss

Gegen FireChat selbst kann die Regierung in Peking wenig tun. Die App ist nicht auf externe Server und Netzwerke angewiesen, sondern arbeitet direkt über die einzelnen Handys. Ein Eingriff von außen ist daher schwierig. Auch auf die Downloadserver haben die Behörden keinen Zugriff, denn die stehen im Ausland. Allein das Herunterladen der App selbst könnte blockiert werden. Das hätte allerdings keine Auswirkungen auf die bereits installierten Programme. Somit scheint die App das Feuer der Demonstranten in Hongkong weiter anzufachen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen