Licht in die Black Box bringen Hundt macht Schule
05.02.2002, 13:38 UhrDie Wirtschaft hat eine umfassende Bildungsreform gefordert. Als Konsequenz aus der PISA-Studie, bei der Schüler in Deutschland verheerend abgeschnitten hatten, legte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt am Dienstag in Berlin einen Fünf-Punkte-Plan vor. Werde nicht gehandelt, "versinkt der Wirtschaftsstandort Deutschland in der bildungspolitischen Bedeutungslosigkeit", sagte er. Die Schüler seien unter- und nicht überfordert.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) verlangt eine finanzielle Stärkung der Grund- und Hauptschulen zu Lasten der Gymnasien sowie bundesweit einheitliche Leistungsstandards und Tests. Auch sollen überfüllte Lehrpläne entrümpelt werden. "Die Grundschule ist nach wie vor eine Black Box", hieß es. Die Anforderungen an die Schüler dürften sich nicht am zumutbaren Minimum ausrichten, sondern müssten auf ein hohes Leistungsniveau abzielen.
Kein Kind dürfe die Grundschule verlassen, ehe es Lesen, Schreiben und alle Grundrechenarten gelernt habe. Am Ende der Grundschulzeit müssten Diagnosetests eingeführt werden, "mit denen der Wissensstand objektiv überprüft wird". Es dürfe in den ersten Schuljahren nicht nur um Basteln und Spielen gehen, sondern auch um Leistung. "Wir brauchen eine Wende weg von der Soft-Pädagogik."
Lehrer sollten künftig nach Leistung bezahlt werden. Erzielten Schüler gute Ergebnisse, müsse der Lehrer dafür honoriert werden, meinte Hundt. Außerdem müsse das Gehalt der Grund- und Hauptschullehrer verbessert werden. Es sei nicht einzusehen, warum diese weniger verdienten als Lehrer der Oberstufe. Denn in einem Gymnasium "im gepflegten Wohngebiet" zu unterrichten, scheine wesentlich leichter zu sein, als in der Hauptschule eines sozialen Brennpunktes zu arbeiten. "Auch das Grundschullehrerdasein darf nicht länger als Hobby für Hausfrauen belächelt werden."
"Der Stoff kann gut und gerne um 50 Prozent reduziert werden", unterstrich Hundt. Es sei fraglich, ob sich Kinder wirklich vier Wochen lang mit Regenwürmern befassen und lernen müssten, wie Hochöfen funktionierten. "Wir brauchen eine Konzentration auf Grundlagenwissen - aber das muss sitzen." Zudem müsse die Förderung von Hochbegabten gestärkt werden. Dazu seien bundesweite Programme sowie spezielle Schulen und Klassen notwendig.
"Forderungen, das Sitzenbleiben abzuschaffen, erinnern an die Kuschelpädagogik der siebziger und achtziger Jahre." Ziel müsse sein, Sitzenbleiben überflüssig zu machen und dass jeder Jugendliche die Schule mit einem Abschluss verlasse. Die Arbeitgeber schlugen vor, ein Fach "Wirtschaft" einzuführen, um Grundkenntnisse des Wirtschaftslebens zu vermitteln.
Von der Politik zeigte sich Hundt schwer enttäuscht. Was die Kultusminister der Länder als Konsequenzen aus der PISA-Studie gefordert hätten, "ist eine Groteske" und "eine Ansammlung von trivialen Allgemeinplätzen". Die "Betroffenheitsprosa" der Kultusminister sei ein bildungspolitisches Trauerspiel. Die Länder, aber auch der Bund müssten endlich handeln.
Quelle: ntv.de