Iran hat Daten für Atombomben IAEA schickt Inspekteure
04.10.2009, 16:48 Uhr
El Baradei verkündet Ergebnisse seiner Gespräche.
(Foto: AP)
Das Misstrauen sitzt noch tief, und doch kommt wohl Bewegung in den Atomkonflikt mit dem Iran. IAEA-Chef El Baradei vereinbart in Teheran konkrete Schritte zur Überwachung des Atomprogramms. Einer vertraulichen Analyse der IAEA zufolge besitzt der Iran alle Informationen zum Bau einer Atombombe.
Dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Mohammed El Baradei, zufolge sollen IAEA-Inspekteure am 25. Oktober die neue Urananreicherungsanlage nahe der Stadt Ghom kontrollieren. Schon am 19. Oktober will der Leiter der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi, in Wien mit Vertretern Russlands und Frankreichs darüber beraten, wie und wie viel bereits niedrig angereichertem Uran aus der Atomfabrik Natans zur weiteren Anreicherung ins Ausland geschafft werden kann.
El Baradei bewertete sein Treffen mit Präsident Mahmud Ahmadinedschad und Atomchef Salehi in Teheran positiv: "Wir befinden uns in einer kritischen Phase, aber ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind." Ahmadinedschad erklärte: "Dank der Kooperation zwischen dem Iran und der IAEA sind die Zweideutigkeiten ausgeräumt." Die Zugeständnisse hatte der Iran am Donnerstag bei Gesprächen mit Vertretern der Vetomächte im Weltsicherheitsrat plus Deutschlands in Genf gemacht. Diese Gespräche, die ersten seit 14 Monaten, sollen noch in diesem Monat fortgesetzt werden.
Zentrale Forderung erfüllt
Mit den Zugeständnissen erfüllt das Regime zwei zentrale Forderungen der Weltgemeinschaft, die befürchtet, Teheran könnte hoch angereichertes Uran zum Bau von Atombomben abzweigen. Dadurch sind Forderungen nach härteren Sanktionen und Drohungen mit einem Militärschlag vorerst vom Tisch. Der Weltsicherheitsrat hat allerdings in seinen bisherigen Sanktionsresolutionen gefordert, der Iran müsse ganz auf sein umstrittenes Urananreicherungsprogramm verzichten.
El Baradei sagte zu den vereinbarten Inspektion der Anlage bei Ghom rund 130 Kilometer südlich Teherans: "Es ist für uns sehr wichtig, die friedliche Natur der neuen Fabrik zu verifizieren". Er warf dem Iran erneut vor, die IAEA nicht rechtzeitig über den Bau der Anlage informiert zu haben. Er teile die Auffassung der Führung in Teheran nicht, das sie dies nach den Abkommen im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags erst drei Monate vor Inbetriebnahme tun müsse, sagte El Baradei. Der Iran hatte vorvergangene Woche den Bau der Anlage eingeräumt, die Ende 2010 mit Uran beschickt werden solle. Das hatte das Misstrauen vieler Länder gegenüber den Beteuerungen der Führung in Teheran geschürt, dass sie keine Atombombe anstrebt.
Die Urananreicherung im Ausland ist seit langem ein Vorschlag des Weltsicherheitsrates, den der Iran bisher aber zurückgewiesen hatte. Der Iran hat nach Schätzungen in Natans bereits rund 1,5 Tonnen Uran auf rund 3,5 Prozent angereichert. Für den Betrieb in speziellen Reaktoren, aber auch für den Bau einer Atombombe muss es weiter auf 20 Prozent angereichert werden. Jetzt muss geklärt werden, wie viel des niedrig angereicherten Urans aus Natans ins Ausland gebracht wird. Von dort soll es zu einem medizinischen Forschungsreaktor in Teheran zurück transportiert werden. Durch dieses Verfahren kann die IAEA besser überwachen, dass kein Material zum Bombenbau abgezweigt wird. Teheran beteuert seit Jahren, das Uran allein zur Energiegewinnung nutzen zu wollen.
Iran hat Daten für Atombombe

Die wahrscheinliche Lage der neuen iranischen Urananreicherungsanlage nahe der iranischen Stadt Ghom.
(Foto: dpa)
Eine vertrauliche Analyse der IAEA besagt allerdings etwas anderes: Demnach verfügt Teheran über genügend Informationen für die Entwicklung und den Bau einer Atombombe. Neben den Informationen von ausländischen Experten habe das Land sein Wissen durch eigene umfangreiche Forschung und Tests ausgebaut, heißt es in der Analyse, wie die "New York Times" unter Berufung auf europäische Regierungsvertreter berichtet. Nach Angaben der Zeitung wurden für den Bericht mit dem Titel "Mögliche militärische Dimensionen des Iranischen Nuklearprogramms" eine Reihe von Atomwaffenexperten innerhalb und außerhalb der IAEA herangezogen.
Darin ist von einem komplexen Programm unter Leitung des iranischen Verteidigungsministeriums die Rede. Ziel sei die Entwicklung einer atomaren Sprengladung für Shahab-3-Raketen. Diese Raketen können den Nahen Osten oder Teile Europas erreichen. Nach Informationen der IAEA begann des Programm bereits Anfang 2002.
"Kreislauf der Vertrauensbildung"
Der Iran-Experte Volker Perthes erwartet, dass bis Ende des Jahres mehr Klarheit über die Ernsthaftigkeit des Irans besteht. Der Direktor der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik zeigte sich in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur optimistisch, dass jetzt ein "Kreislauf der Vertrauensbildung" in Gang gesetzt werden kann. Perthes hob die Bedeutung der Zustimmung des Irans hervor, niedrig angereichertes Uran aus Natans ins Ausland zu schicken. Damit würde "ein großer Grund für die Sorge (des Westens) beseitigt". Wenn nur eine Tonne hoch angereicherten Urans in Natans lagere, reiche das dafür aus, eine Atombombe herzustellen.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP