Anschlag in Nordirland IRA-Ableger bekennt sich
08.03.2009, 20:17 UhrNach Jahren relativer Entspannung ist der Terror nach Nordirland zurückgekehrt. Erstmals seit dem Friedensabkommen vor fast elf Jahren wurden dort wieder britische Soldaten bei einem Terroranschlag getötet. Die Täter erschossen die zwei Soldaten vor einer Kaserne nördlich von Belfast. Zudem wurden vier Männer, darunter zwei Pizza-Boten, zum Teil lebensgefährlich verletzt. Mit dem brutalen Anschlag wuchs auch wieder die Sorge um den Friedensprozess in der einstigen britischen Krisenregion. Politiker betonten jedoch, es werde keinen Rückfall in den jahrzehntelangen Terrorkampf geben.
IRA-Abspaltung bekennt sich
Einem Fernsehbericht zufolge hat sich unterdessen eine Abspaltung der katholischen Untergrundorganisation IRA zu dem Anschlag bekannt. Ein Bekenneranruf der sogenannten "Wahren IRA" sei bei der Zeitung "Sunday Tribune" in Dublin eingegangen, berichtete die britische BBC. Die " Real IRA" wird auch für den Anschlag von Omagh aus dem Jahr 1998 verantwortlich gemacht. Bei dem schwersten Attentat im Nordirland-Konflikt waren 29 Menschen ums Leben gekommen.
Die Täter hatten laut Polizei das Feuer mit Maschinengewehren eröffnet, als die Soldaten eine Pizza von einem Lieferdienst entgegennehmen wollten. Dabei feuerten die Terroristen eine zweite Salve ab, als ihre Opfer schon am Boden lagen. Die zwei Pizza-Boten wurden schwer verletzt, einer schwebt in Lebensgefahr. Zuletzt war 1997 ein britischer Soldat bei einem Anschlag in Nordirland ums Leben gekommen.
Die Regierungen in Nordirland, Irland und Großbritannien sowie EU- Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering verurteilten den Angriff auf das Schärfste.
In der britischen Region im Norden der Republik Irland tobten zwischen Ende der 60er und 90er Jahre blutige Kämpfe zwischen pro-britischen Protestanten und republikanischen Katholiken, die für eine Abspaltung von Großbritannien und für eine Vereinigung mit Irland eintraten. 1998 leitete das Karfreitagsabkommen den Friedensprozess und damit ein Ende der Gewalt ein. Nach dem Abzug der meisten britischen Soldaten im Jahr 2007 sind derzeit noch rund 5000 Mann, hauptsächlich für Auslandseinsätze, in Nordirland stationiert.
Ermittlungsleiter Derek Williamson sagte, die Tat sei ein "versuchter Massenmord". Bei den Toten handelt es sich um zwei junge Soldaten, die kurz vor ihrem Abflug nach Afghanistan waren. Nachbarn aller Konfessionen fanden sich zu einer spontanen Mahnwache ein. Die Polizei fahndete unterdessen mit Hochdruck nach den Tätern.
"Mahnung an die Vergangenheit"
Der britische Premierminister Gordon Brown nannte den Anschlag "feige" und mahnte zum Erhalt des Friedens: "Kein Mörder wird in der Lage sein, den Friedensprozess zu behindern, der von den Menschen in Nordirland unterstützt wird." Der nordirische Ministerpräsident Peter Robinson verschob eine Reise in die USA. Die Bluttat sei "eine schreckliche Mahnung an die Vergangenheit", sagte er. Dem Terror von paramilitärischen Gruppen wie der Irisch Republikanischen Armee (IRA) fielen mehr als 3500 Menschen zum Opfer, darunter 500 Soldaten.
Erst kürzlich hatte der nordirische Polizeichef Sir Hugh Orde vor einem möglichen schweren Terroranschlag gewarnt. "Eine kleine Zahl von Leuten ist fest entschlossen, uns dorthin zurückzuziehen, wo niemand mehr sein will", sagte er. In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu Angriffen auf Polizisten. Sicherheitskräfte hatten erst vor wenigen Wochen eine Bombe in der Nähe einer Kaserne entschärft.
Frage nach Stabilität der Regierung
In Nordirland ist seit etwa zwei Jahren eine Koalitionsregierung aus einst verfeindeten Protestanten und Katholiken an der Macht. Deren Vereidigung wurde damals als historischer Schritt gefeiert. Der Anschlag wirft nun auch Fragen über die Stabilität dieser Regierung auf. Der britische Nordirlandminister Shaun Woodward verurteilte das Attentat als "kriminelle Barbarei". Den Tätern werde es aber nie gelingen, den politischen Friedensprozess zu stoppen.
Quelle: ntv.de