Politik

Hintergrund Im Visier der US-Fahnder

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Bankkunden in Europa geraten zunehmend ins Visier der Terrorfahnder. Die EU-Außenminister wollen am Montag ein Abkommen mit den USA auf den Weg bringen, das Sicherheitsbehörden den Zugriff auf sensible Überweisungs-Daten erlauben soll. Bei Datenschützern stößt dies auf Bedenken.

Was ist geplant? Die EU-Außenminister wollen die schwedische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission am Montag beauftragen, mit den USA bis zum Herbst ein Abkommen über die Nutzung von Bankverbindungsdaten zu schließen. US-Fahnder hätten damit Zugriff auf Angaben europäischer Privatbürger und Unternehmen.

Um welche Daten geht es? Bei den Plänen geht es um Daten, die der Finanzdienstleister SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) mit Sitz in Belgien verwaltet. SWIFT wickelt täglich rund 15 Millionen Transaktionen zwischen mehr als 8300 Banken weltweit ab. Darunter sind auch Standardüberweisungen in der EU. Bankkunden kennen den Dienstleister von dem SWIFT/BIC-Code, der die internationale Bankleitzahl kennzeichnet.

Wer ist im Visier der Fahnder? Theoretisch könnte jeder EU-Bürger ins Visier der US-Fahnder geraten, der eine Überweisung über SWIFT abwickelt. Das System übermittelt den Namen des Absenders und Empfängers einer Überweisung, die Kontodaten, den Verwendungszweck und die Summe. Diese Daten sollen nach dem Verhandlungsmandat mit den USA maximal fünf Jahre zur Terrorfahndung gespeichert werden können. Zudem erhofft sich die EU von den US-Behörden Hinweise für die eigene Fahndung.

Was können Bürger zum Schutz ihrer Daten tun? Datenschützer fürchten: Zu wenig. Denn von dem Zugriff auf ihre persönlichen Daten erfahren die Bürger in der Regel nichts. Die Bundesregierung hat nach Diplomatenangaben darauf beharrt, dass in dem Abkommen mit den USA ein Klagerecht betroffener Bürger verankert wird. Inwiefern dieser Rechtsschutz gewährleistet werden kann, ist jedoch offen.

Werden Bankdaten zum ersten Mal ausgespäht? Nein. Bereits seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 nutzten US-Fahnder über einen SWIFT-Server in den USA Bankdaten im Rahmen ihres Programms zum Aufspüren der Terror-Finanzierung (TFTP). Publik wurde dies erst 2006. Das neue Abkommen zwischen der EU und den USA wird nötig, weil der Großteil der Daten ab dem Herbst auf einem Server in den Niederlanden und damit auf EU-Territorium liegt.

Was bringen die Bankdaten den Terrorfahndern? Europaparlamentarier wie die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel zweifeln die Bedeutung der Daten für die Terrorbekämpfung an und warnen vor "Missbrauch". Ein Bericht von Frankreichs oberstem Terroristenjäger, dem Richter Jean-Louis Bruguière, ergab dagegen nach Angaben der EU-Kommission, dass die Nutzung von Finanzdaten durch die USA "maßgeblich zur Terrorismusbekämpfung in den Vereinigten Staaten, in Europa und in anderen Erdteilen beiträgt". Öffentlich zugänglich ist der Bericht vom Februar jedoch nicht.

Wie lange soll das Abkommen mit den USA gelten? Auf Druck des Europaparlaments ist zunächst nur ein Übergangsabkommen geplant. Sobald der EU-Reformvertrag von Lissabon in Kraft ist und das Parlament ein Mitspracherecht in Justiz-Angelegenheiten bekommt, soll ein dauerhaftes Abkommen geschlossen werden. Das dürfte frühestens Anfang 2010 der Fall sein.

Quelle: ntv.de, Stephanie Lob, AFP

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