Der süße Brei und die FDP Immer mehr Ungereimtheiten
30.10.2002, 07:14 UhrIn der FDP geht es derzeit zu wie im Märchen "Der süße Brei": Es quillt und quillt, und keiner weiß das Zauberwort: "Töpfchen steh!" Nun ist auch der Bundesvorsitzende Guido Westerwelle im Zusammenhang mit der Spendenaffäre der NRW-FDP parteiintern in Bedrängnis geraten.
FDP-Bundesschatzmeister Günter Rexrodt kritisierte eine Panne im Büro Westerwelles mit deutlichen Worten. Westerwelle hatte überraschend erklärt, sein Büro sei bereits am 9. September schriftlich über die umstrittene Faltblattaktion zur Nahostpolitik des damaligen FDP-Landeschefs Jürgen Möllemann informiert worden - also zehn Tage vor Verteilung des Faltblatts. Der Brief sei ihm allerdings nicht vorgelegt worden.
Rexrodt sagte dazu in der n-tv Sendung "Maischberger": "Das ist ein massiver Bürofehler, der nicht passieren darf." Dieses Versäumnis in der FDP-Führungsetage sei der Öffentlichkeit kaum zu vermitteln. "So was darf man dann auch nicht nur den Mitarbeitern anhängen, sondern verantwortlich ist auch der Chef. Das ist nun mal so", fügte Rexrodt hinzu. Westerwelle hatte die beiden verantwortlichen Mitarbeiter von ihren Funktionen entbunden.
Zugleich machte Rexrodt deutlich, dass er einen Parteiaustritt Möllemanns erwartet. "Ich würde in einer solchen Situation austreten", sagte er. Kritik übte Rexrodt auch an der stellvertretenden NRW-Landesvorsitzenden Ulrike Flach, die sich mit Unterstützung Westerwelles um den Landesvorsitz bewirbt. Sie sei ungeeignet für das Amt. Es sei nicht akzeptabel, dass Flach vorher Kenntnis von dem Flugblatt gehabt und nicht sofort die Parteispitze informiert habe.
Klagen gegen Möllemann
Gegen Möllemann, der sich wieder in seiner Heimatstadt Münster befinden soll, ist unterdessen von der FDP-Führung Auskunftsklage erhoben worden. Möllemann soll gezwungen werden, die Spender seines Wahlkampfsonderkontos mit rund 840.000 Euro zu nennen. Mit dem Geld hatte Möllemann unmittelbar vor der Bundestagswahl sein antiisraelisches Wahlkampf-Faltblatt finanziert.
In Düsseldorf steht die Staatsanwaltschaft offenbar vor der Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Möllemann. Eine entsprechende Mitteilung der Staatsanwaltschaft ging laut einer Parlamentssprecherin beim Düsseldorfer Landtag ein. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob Möllemann gegen das Parteiengesetz verstoßen hat.
Auffällig- und Merkwürdigkeiten
Nach Angaben von Rexrodt sind aber auch auf dem Konto der Landes-FDP auffällige Konto-Bewegungen verbucht worden. Die Zuflüsse auf dem Konto in Höhe von 113.000 Euro zwischen dem 10. September und dem 14.Oktober erweckten den Eindruck, dass sie nicht mit dem Parteiengesetz vereinbar seien. Die Partei sei "besorgt".
Zu Verdächtigungen gäben "das Zahlungsmuster und die Zahlungsdichte" Anlass. Häufig habe es auffällig gleich hohe Beträge gegeben. Auch sei versucht worden, Bargeldeinzahlungen wieder zurück zu schicken. NRW-Schatzmeister Andreas Reichel sagte, bei der Überprüfung der Wahlkampfspenden habe es "zum Teil haarsträubende Ergebnisse" gegeben.
Die "Berliner Zeitung" berichtet in ihrer Donnerstagausgabe, sie habe Informationen, wonach zwei hauptamtliche Mitarbeiter des Landesverbandes an den auffälligen Transaktionen durch Schein-Überweisungen von ihren privaten Konten mitgewirkt hätten. Einen Bericht der Zeitung vom Mittwoch, wonach es in der NRW-FDP bereits im Landtagswahlkampf 2000 erhebliche finanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben habe, wies die damalige Schatzmeisterin Irmgard Schwaetzer als üble Nachrede zurück.
Nach Informationen der Zeitung wurden aus nicht näher benannten Quellen stammende höhere Geldbeträge gestückelt und per Bareinzahlung bei Geldinstituten zur Finanzierung zusätzlicher Wahlkampf-Aktivitäten verfügbar gemacht. Offiziell habe der Finanzeinsatz der FDP bei den Wahlen zum Landtag im Jahr 2000 knapp 1,5 Mio. Euro betragen. Tatsächlich seien jedoch bis zu 2,5 Mio. Euro investiert worden, schreibt die "Berliner Zeitung".
Die FDP hatte 2000 aus dem Stand mit neun Prozent den Sprung in den Düsseldorfer Landtag geschafft. Zuvor war sie jahrelang nicht im nordrhein-westfälischen Landesparlament vertreten gewesen.
Quelle: ntv.de