Streik lief "besser als erwartet" In Frankfurt läuft der Normalbetrieb wieder an
27.03.2014, 15:53 Uhr
Reisende traf es heute hart: An Flughäfen wurde gestreikt, Hunderte Flüge fielen aus. Auch in vielen Städten fordern Zehntausende Beschäftigte des Öffentliches Dienstes mehr Geld. Am Frankfurter Flughafen läuft der Betrieb aber allmählich wieder wie gehabt.
Fluggesellschaften sind dazu verpflichtet, im Falle eines Streiks so schnell wie möglich eine Ersatzbeförderung zu organisieren, entweder mit einem anderen Unternehmen oder per Bahn. Wer sich lieber selbst um eine Alternative zum gestrichenen Flug kümmert, kann die Buchung stornieren und bekommt dann sein Geld zurück.
Die Fluggastrechteverordnung sieht bei großen Verspätungen oder annullierten Flügen pauschale Schadensersatzzahlungen vor. Bei Streiks gilt das aber nicht, hat der Bundesgerichtshof entschieden (Az.: X ZR 138/11). Streiks seien "nicht zu beherrschende Gegebenheiten", auf die Fluggesellschaften keinen Einfluss hätten, fanden die Richter. Anders als bei technischen Defekten oder Überbuchungen gibt es deshalb für die Reisenden kein Geld.
Immerhin haben die Betroffenen grundsätzlich Anspruch auf Betreuungsleistungen, wenn sie stundenlang auf ihr Flugzeug warten müssen. Die Fluggesellschaften müssen dann die Kosten für Telefonate, Getränke, Mahlzeiten und gegebenenfalls eine Übernachtung im Hotel übernehmen.
Der Verdi-Warnstreik am Frankfurter Flughafen ist beendet. Wie von der Gewerkschaft angekündigt nahmen die Beschäftigten um 14.30 Uhr ihre Arbeit wieder auf, berichtete Verdi-Sekretär Uwe Schramm. "Der Normalbetrieb läuft jetzt langsam wieder an", erklärte eine Sprecherin des Flughafens.
Am größten deutschen Drehkreuz in Frankfurt waren wegen des Ausstands im öffentlichen Dienst zunächst die Hälfte aller geplanten Flüge gestrichen worden. Seit Beginn des Flugbetriebs um 5.00 Uhr seien knapp 550 der regulären 1300 Starts und Landungen annulliert worden, hatte eine Sprecherin des Flughafenbetreibers Fraport gesagt. Die meisten Ausfälle betrafen die Lufthansa. Deutschlands größte Airline hatte für diesen Donnerstag bundesweit rund ein Drittel ihrer 1800 Flüge gestrichen.
Wegen des frühzeitig angekündigten Streiks war es in den Terminals weitgehend ruhig geblieben, weil die Reisenden ihre Pläne umstellen konnten. In Frankfurt hatte mit etwa 20 stündlichen Flugbewegungen nur rund ein Viertel des üblichen Verkehrs stattgefunden.
Laut Schramm hatten sich in Frankfurt am Morgen mehr als 90 Prozent der betroffenen Mitarbeiter an dem Streik beteiligt. Damit lief der Ausstand nach Ansicht des Gewerkschafters "besser als erwartet". Rückenwind erhielten die Beschäftigten vom Abschluss eines neuen Tarifvertrags für die privaten Sicherheitsleute an Flughäfen in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland am Mittwochabend. Auch wegen des Nachholbedarfs gegenüber anderen Tarifgebieten hat Verdi dort Lohnerhöhungen von bis zu 27 Prozent durchgesetzt. Die Sicherheitsleute hatten vor gut einem Monat mit einem Warnstreik die Passagierabfertigung in Frankfurt lahmgelegt.
Bayer Leverkusen bleiben in München hängen
Flugausfälle gab es auch an anderen Flughäfen. Die Gewerkschaft Verdi hatte im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes zu mehrstündigen Warnstreiks der Flughafenbeschäftigten in München, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Köln/Bonn und Stuttgart aufgerufen. Eine von Verdi nicht bezifferte Zahl von Mitarbeitern der Flughafenbetreiber arbeitet noch nach den Tarifbedingungen des öffentlichen Dienstes.

Halten Sie die Streiks für gerechtfertigt?
In München legten die Ausstände den Betrieb am Morgen weitgehend lahm. Allein die Lufthansa strich rund 140 Flüge. In Hamburg wurden zunächst jeweils 16 Anflüge und Abflüge zwischen Frankfurt und Hamburg sowie München und Hamburg annulliert, wie das Internetportal des Flughafens informierte. Am Airport Köln/Bonn strichen Airlines nach Angaben eines Flughafensprechers vorsorglich 13 der insgesamt 80 bis zum frühen Nachmittag geplanten Starts und Landungen.
Auch die die Fußball-Profis von Bayer Leverkusen mussten notgedrungen auf den Bus umsteigen. Nach ihrem Auswärtssieg in Augsburg hatten sie keinen Flug mehr von München aus in die Heimat bekommen.
Auch in Düsseldorf und Hannover fielen Flüge aus. In Stuttgart hatte der Warnstreik zunächst keine spürbaren Beeinträchtigungen für die Passagiere zur Folge. Die meisten Maschinen starteten nach Angaben des Flughafens bis 6.30 Uhr planmäßig. Die Lufthansa hatte allerdings Verbindungen nach Frankfurt annulliert.
Auf den Flughäfen in Berlin gab es zwar keine Arbeitsniederlegungen. Doch wegen der Warnstreiks an anderen Flughäfen wurden nach Angaben eines Flughafensprechers bis zum Nachmittag 33 Flüge von und nach Berlin-Tegel gestrichen.
"Auswirkungen rund um den Globus"
Fraport-Sprecher Mike Peter Schweitzer erklärte, dass die Auswirkungen des Streiks auch über Deutschland hinausgingen. "Flugverkehr ist nun mal international, das heißt, dieser Streik hat auch Auswirkungen rund um den Globus", sagte er bei n-tv. Schweitzer riet den Passagieren, sich vorab auf den Online-Portalen insbesondere der Airlines zu informieren. "Wir raten auch eine frühzeitige Anreise zum Flughafen, denn wir werden auch noch im gesamten Tagesverlauf Verzögerungen haben."
Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Martin Burkert, äußerte Verständnis für die Warnstreiks. Der SPD-Politiker verwies darauf, dass Deutschland die wenigsten Streiktage in Europa habe, was auch an den relativ langen Laufzeiten von Tarifverträgen liege. "Die Deutsche Bahn wird sicher wieder alles tun, Fluggäste aufzunehmen", sagte der SPD-Politiker. Zu rechnen sei teils aber wohl mit "massiv vollen Zügen".
Die häufigen Streiks im deutschen Luftverkehr sind nach Meinung der Gewerkschaft Verdi eine direkte Folge der Privatisierungen in diesem Wirtschaftszweig. Als die Flughäfen noch komplett öffentlich betrieben wurden, habe Verdi für alle Beschäftigten Tarife ausgehandelt, sagte Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle. Nachdem unter anderem auf Druck der Airlines immer mehr Leistungen ausgegliedert und privatisiert worden seien, müssten viele Beschäftigte etwa im Sicherheitsgewerbe nun zu schlechteren Bedingungen arbeiten. "Dass die sich ein Stück ihrer Arbeits- und Einkommensbedingungen zurückholen wollen, ist klar."
Behle kritisierte zudem Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) scharf. "Die größte Frechheit ist, dass de Maizière gesagt hat: "Im öffentlichen Dienst gibt es keinen Nachholbedarf." Das sehen wir komplett anders." Dass bei einem Streik auch Unbeteiligte betroffen seien, sei zwar nicht schön, aber auch nicht zu vermeiden.
Streiks auch in Stadtverwaltungen und Kitas
Von Streiks sind nicht nur die Flughäfen betroffen. Verdi rief auch mehrere Zehntausend Beschäftigte aus anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes zu Warnstreiks auf. So soll es Arbeitsniederlegungen und Kundgebungen in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein sowie Thüringen geben. Die Gewerkschaft rechnet allein in Nordrhein-Westfalen mit rund 60.000 Beschäftigten, die in den Ausstand treten. Mitarbeiter der Stadtverwaltungen, Jobcenter, Sparkassen, Müllabfuhr und kommunale Kitas sollen in fast allen Städten in NRW die Arbeit niederlegen.
Verdi will mit den Aktionen Druck vor der dritten Tarifrunde ab dem kommenden Montag in Potsdam machen. In der zweiten Runde hatte es zwar eine Annäherung in einzelnen Punkten, aber insgesamt keinen Durchbruch gegeben. Die Gewerkschaften fordern, dass die Einkommen der 2,1 Millionen Angestellten im Bund und in den Kommunen um einen Betrag von 100 Euro und dann zusätzlich um weitere 3,5 Prozent steigen. Die Arbeitgeber haben bislang kein Angebot vorgelegt.
Quelle: ntv.de, fst/ghö/sno/dpa/rts