Politik

Öl läuft! "In allernächster Zeit"

Nach den weißrussischen Zugeständnissen im Ölstreit mit Russland hat der vom Kreml kontrollierte Pipelinemonopolist Transneft die Wiederaufnahme des Ölexports in den Westen für Donnerstag angekündigt. "Ich bin sicher, dass das Öl morgen wieder im vollen Umfang nach Europa fließt", sagte der Transneft-Vorsitzende Semjon Wajnschtok am Mittwochabend in Moskau. Es fehle nur noch eine schriftliche Bestätigung aus Weißrussland, dass die technische Bereitschaft für die Wiederaufnahme der Pumpleistung gewährleistet sei.

Die russischen Öllieferungen nach Westeuropa sind wegen des Streits zwischen Russland und Weißrussland bereits seit Montag unterbrochen. Auch wenn die Lieferungen über Weißrussland wieder aufgenommen werden, dauert es in jedem Fall einige Zeit, bis das Öl die europäischen Länder erreicht. Die Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten ihre Verärgerung über die Lieferunterbrechungen als Folge des Ölstreits zwischen den beiden Ländern geäußert und Russland gedrängt, seinen Lieferverpflichtungen wieder nachzukommen. Das Thema wird nach Angaben eines Regierungssprechers auch beim geplanten Besuch Merkels in Russland am 21. Januar zur Sprache kommen.

Verwirrung am Nachmittag

Der slowakische Leitungsbetreiber Transpetrol hatte bereits am Mittwochnachmittag berichtet, das Öl aus Russland fließe wieder. Das wurde aber kurz danach von Transneft sowie dem weißrussischen Unternehmen Gomeltransneft dementiert. Beide Firmen teilten unabhängig voneinander mit, der Transport von russischem Erdöl in Richtung Europäische Union sei noch nicht wieder aufgenommen worden. Das slowakische Wirtschaftsministerium lieferte am späten Nachmittag eine Erklärung für die widersprüchlichen Angaben. Bei den von Transpetrol genannten Öllieferungen handele es sich um ca. 80.000 Tonnen Rohöl, die Weißrussland zuvor umstrittenerweise abgezweigt habe, hieß es.

Die Slowakei wird über eine südliche Abzweigung von der gesperrten "Druschba"-Pipeline (Freundschaft) beliefert. Das Öl kann das Land erreichen, auch ohne dass der nördliche Arm der Ölleitung, über den auch Deutschland beliefert wird, wieder läuft.

Von weißrussischer Seite hieß es, die Lieferungen könnten möglicherweise in der Nacht zum Donnerstag wieder aufgenommen werden. Dies könne aus technischen Gründen aber nur in Absprache mit Russland und Polen geschehen. Der weißrussische Vize-Regierungschef Andrej Kobjakow sprach von "der allernächsten Zeit". Der stellvertretende russische Wirtschaftsminister Andrej Scharonow sagte in Moskau, Weißrussland müsse zunächst die 80.000 Tonnen Öl in die Leitung nach Westeuropa einspeisen, die es illegal entnommen habe. Russland werde dann innerhalb von vier Stunden die Lieferungen wieder in vollem Umfang aufnehmen.

Zentraler Streitpunkt ausgeräumt

Am Mittwoch wurde der zentrale Streitpunkt in dem Ölkonflikt ausgeräumt. Minsk nahm wie von Russland gefordert eine Durchleitungsgebühr für russisches Öl zurück. Kobjakow traf am Abend mit dem russischen Wirtschaftsminister German Gref zusammen. Mit der Abschaffung der Durchleitungsgebühr für russisches Öl nach Westen habe die weißrussische Regierung das Treffen möglich gemacht, sagte Scharonow. Damit erledige sich auch die von Präsident Putin erwogene Drosselung der russischen Ölförderung.

Das Büro des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko teilte mit, Lukaschenko habe in einem Telefonat mit dem russischen Amtsinhaber Wladimir Putin einen Kompromiss erzielt. Die weißrussische Staatsagentur Belta meldete, Putin und Lukaschenko hätten danach ihre Regierungen angewiesen, bis Freitag alle strittigen Fragen zu klären. Ein russischer Regierungssprecher kommentierte die von Weißrussland verkündete Kompromisslösung mit den Worten, in Moskau bewerte man das Gespräch der Präsidenten "zurückhaltender". Der Kreml teilte lediglich mit, dass Telefonat der Präsidenten über den Ölstreit sei auf weißrussische Initiative hin geführt worden.

Moskau plante drastische Sanktionen

Moskau bekräftigte seinen Vorwurf, Weißrussland habe die Pipeline-Blockade ausgelöst, was Minsk dementierte. In Russland lagen keine offiziellen Zahlen vor, wie groß der finanzielle Schaden für die russische Ölindustrie durch die Blockade der wichtigsten Ölröhre in Richtung Westen ist.

Laut russischen Medienberichten bereitete der Kreml zuletzt drastische Sanktionen gegen den in Ungnade gefallenen Nachbarstaat vor. Die Moskauer Wirtschaftszeitung "Wedomosti" schrieb unter Berufung auf die Regierung, man plane Strafzölle auf weißrussisches Fleisch und andere Lebensmittel sowie auf Möbel und Fernseher. Russland ist für die weißrussische Planwirtschaft der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt.

Auslöser für den Streit zwischen den Ex-Sowjetrepubliken war die Entscheidung des Kremls, die Subventionierung Weißrusslands mit billigem Öl und Gas zu beenden. Russland hatte zum Jahresbeginn die Exportzölle auf Rohöl für Weißrussland drastisch erhöht. Minsk führte im Gegenzug die Durchleitungsgebühr für den Öltransit in Richtung Westen ein.

Quelle: ntv.de

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