Kritik an "sturer Steuerpolitik" Industrie drängt Merkel
23.06.2008, 12:51 UhrDie deutsche Industrie pocht auf schnelle Steuersenkungen für den Mittelstand. BDI-Präsident Jürgen Thumann kritisierte den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel, erst nach dem Ausgleich des Bundeshaushalts Steuern senken zu wollen. "Diese ganz sture zeitliche Abfolge teile ich nicht", sagte er auf dem "Tag der Deutschen Industrie". Der Mittelstand brauche schnelle Entlastungen, um die kalte Progression auszuschalten, also höhere persönliche Steuersätze durch den Anstieg von Einkommen mit der Inflation.
Merkel steht in dieser Frage bereits unter Druck der CSU und auch aus ihrer eigenen Partei. Die Steuereinnahmen stiegen seit Jahren so kräftig, dass trotz zur Gesundung des Bundeshaushalts ein Zuwarten bei Entlastungen nicht nötig sei, betonte Thumann.
Eigentlich gute Aussichten
Die Aussichten der deutschen Industrie seien sehr robust, auch wenn die Risiken wüchsen, sagte Thumann. Hohe Auftragsbestände sicherten die Beschäftigung bis in das nächste Jahr hinein. Der BDI sehe das Wachstum in Deutschland 2008 weiter bei zwei Prozent. Der hohe Ölpreis und die Finanzkrise seien zwar gewichtige Risiken. Noch gefährlicher sei aber die US-Konjunkturschwäche. Schließlich erwirtschafteten Europa und die USA zusammen allein 60 Prozent des Welt-Bruttosozialprodukts.
Alles muss gestärkt werden
In einem "Manifest für Wachstum und Beschäftigung - Deutschland 2020" nannte der BDI ein Durchschnittswachstum von zwei Prozent über den Konjunkturzyklus hinweg als Ziel. Forschung, Bildung, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Kreativität müssten gestärkt werden. Ein höheres Trendwachstum sei auch nötig, um soziale Leistungen und damit die Solidarität in der Gesellschaft zu sichern. In den vergangenen Jahren sei die Wirtschaft dabei überfordert worden.
Altbekannte Lieder
Die Industrie warnte zudem vor einer Überforderung im Klimaschutz. Der Kernenergie-Ausstieg müsse rückgängig gemacht werden. In der Steuerpolitik dürfe es nicht zu einer Ausweitung der Reichensteuer kommen. Noch in diesem Jahr müsse die Regierung wichtige Entscheidungen treffen, sagte Thumann. Mit Blick auf näher rückende Wahlen warnte er: "Wir können uns gar keine ein- oder eineinhalbjährige Pause leisten, denn die Welt wartet nicht auf uns".
Quelle: ntv.de