Politik

Gesundheitsfonds Insolvenzrisiko wird privatisiert

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt will den Bundesländern in einer zentralen Streitfrage des Gesundheitsfonds entgegenkommen. Ab 2009 sollten die Länder nicht mehr dafür haften, wenn eine Krankenkasse Insolvenz anmelden müsse, kündigte das Ministerium an. Die finanziellen Schäden durch die Pleite müssen dann allerdings von den Beitragszahlern geschultert werden.

Die Vorschläge für ein neues Insolvenzrecht, das wichtige Voraussetzung für den Fonds ist, sollen im Mai präsentiert werden. Auch für die von den Kassen angehäuften Verbindlichkeiten zwischen acht und zwölf Milliarden Euro für Pensionen ihrer Mitarbeiter hat die Regierung eine Lösung erarbeitet.

In der Union wächst derweil der Widerstand gegen den Finanzpool. CSU-Chef Erwin Huber warf Schmidt vor, sie habe die Umsetzung des Fonds und der Konvergenzklausel, die die zusätzlichen Belastungen pro Land begrenzen soll, verschleppt. Die SPD-Politikerin habe möglicherweise politisch motiviert ein Jahr verstreichen lassen statt die offenen Fragen anzugehen, sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". Nun komme sie in Zeitnot. Ein Start des Fonds sei nicht möglich, solange die Belastungen pro Land nicht auf 100 Millionen Euro begrenzt seien. Huber drohte mit Veto in Bundestag und Bundesrat: "Da können wir auch Nein sagen."

"Schmidt taktiert nicht"

Ministeriumssprecher Klaus Vater wies die Vorwürfe zurück. Die Vorlage eines Insolvenzkonzepts im Mai beweise, dass Schmidt die Reform "ohne Wenn und Aber" umsetze. "Damit erledigen sich alle Behauptungen, es werde Zeit verplempert oder taktiert."

Nach der CSU wandte sich auch der CDU-Landesverband Rheinland-Pfalz offen gegen das Projekt. "Mit dem Fonds wird kein Problem der gesetzlichen Krankenversicherung auf längere Sicht gelöst", sagte Landeschef Christian Baldauf der "Bild"-Zeitung. Schmidt rief er auf, den Fonds zu stoppen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger forderte ebenfalls Transparenz über Belastungen für die Länder. Die Finanzströme dürften nicht dazu führen, dass mehr als 100 Millionen Euro netto aus einem Bundesland abgezogen würden. Darüber wolle er spätestens 2009 Bescheid wissen. Der CDU-Politiker gab sich damit gemäßigter als die CSU, die sofortige Klärung verlangt.

Aufschluss über die Finanzströme soll das Gutachten einer Forschergruppe um den Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem bringen, über das am Dienstag Experten von Bund und Ländern beraten wollen. Darin äußern die Wissenschaftler Vorbehalte gegen die Konvergenzklausel. Sie halten die Kostenbremse aber für umsetzbar - allerdings zum Nachteil von Ländern mit günstigen Kassen wie Sachsen und Thüringen.

Die Ansprüche der Quasi-Beamten

Die Vorschläge der Regierung für ein neues Insolvenzrecht der Kassen enthalten Regierungskreisen zufolge auch eine Lösung für die angehäuften Verbindlichkeiten, die sich auf acht bis zwölf Milliarden Euro summieren. Diese rühren daher, dass die Kassen für Mitarbeiter in beamtenähnlichen Verhältnissen keine Rücklagen gebildet haben, was vor allem die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) betrifft.

Für diese Verpflichtungen soll eine "Haftungskaskade" eingeführt werden: Zunächst muss dabei die Kasse selbst nach Lösungen suchen, um die künftigen Ansprüche zu decken. Reicht dies nicht aus, müssen die Schwesterkassen einspringen. Die AOKen oder Ersatzkassen müssten sich dann jeweils untereinander unter die Arme greifen. Nur wenn dies noch immer nicht ausreicht, sollen den Plänen zufolge alle Kassen und damit der Fonds aufkommen. Für die Verpflichtungen neuer Mitarbeiter sollen die Kassen in Zukunft in den Pensionssicherungsfonds der Wirtschaft einzahlen.

Quelle: ntv.de

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