Politik

Vor neuen Atomverhandlungen Iran greift Westen scharf an

Vor den Gesprächen über das iranische Atomprogramm in Genf hat Präsident Mahmud Ahmadinedschad den Westen erneut scharf angegriffen. Die internationalen Reaktionen auf den Bau der zweiten iranischen Anlage zur Urananreicherung seien ein "historischer Fehler" gewesen, sagte er im Fernsehen. Deutschland geht nach Angaben des Auswärtigen Amts mit einer "realistischen Erwartungshaltung" in die Verhandlungen am Donnerstag.

Ahmadinedschad lässt wiedermal die Muskeln spielen.

Ahmadinedschad lässt wiedermal die Muskeln spielen.

(Foto: REUTERS)

Ahmadinedschad kritisierte Forderungen westlicher Staats- und Regierungschefs, wonach der Iran Inspekteuren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) so schnell wie möglich Kontrollen der Atomanlage nahe der Stadt Ghom ermöglichen soll: "Wer sind Sie, dass Sie der IAEA und dem Iran sagen, was sie tun sollen?", empörte er sich laut dem staatlichen Fernsehen.

Warnung vor "Gewalt und Einschüchterungen"

Der Iran sei "auf alle Situationen vorbereitet", zitierte außerdem die Nachrichtenagentur Fars den Präsidenten. Sein Land werde in jedem Fall "unbeschadet" aus den Verhandlungen mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, China und den USA hervorgehen. Darüber hinaus bezeichnete Ahmadinedschad die Gespräche als "außergewöhnliche Gelegenheit für die USA und einige europäische Länder, die Art und Weiße zu korrigieren, wie sie andere Nationen der Welt behandeln".

Said Dschalili möchte einen "positiven Ansatz" verfolgen.

Said Dschalili möchte einen "positiven Ansatz" verfolgen.

(Foto: REUTERS)

Auch Ahmadinedschads Berater Ali Akbar Dschawanfekr warnte den Westen vor "Gewalt und Einschüchterungen". Bei den Verhandlungen dürfe es keine "unmoralische Politik von Zuckerbrot und Peitsche" geben, hieß es in einer an die Nachrichtenagentur AFP übermittelten Stellungnahme. Vielmehr müssten die USA in den Gesprächen eine "goldene Gelegenheit" sehen. Irans Chefunterhändler Said Dschalili, der als Vertrauter von Ahmadinedschad gilt, sagte, sein Land werde bei den Gesprächen einen "positiven Ansatz" verfolgen. Er hoffe, dass auch die Verhandlungspartner dies so halten würden.

"Grundsätzliche Dialogbereitschaft" angekündigt

Der Iran habe eine "grundsätzliche Dialogbereitschaft" angekündigt, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Jens Plötner, in Berlin. Jetzt müssten den Worten auch Taten folgen. "Wir hoffen, dass sich die iranische Delegation logisch verhalten wird", fügte Plötner hinzu. Das bedeute einerseits, dass über das iranische Atomprogramm geredet werden müsse. "Das ist das, was die internationale Gemeinschaft insgesamt umtreibt", sagte er.

Andererseits seien sich die Verhandlungsführer der sogenannten Sechsergruppe einig, dass auch andere Themen, die für den Iran wichtig seien, angesprochen werden könnten. Teheran will bei den Gesprächen vor allem über allgemeine Themen wie die Sicherheit im Irak oder in Afghanistan reden. In einem Bündel von Vorschlägen für die Verhandlungen, das der Iran vorgelegt hat, wird die umstrittene Anreicherung von Uran in dem Land nicht erwähnt.

Bereits Arbeit an nuklearem Sprengkopf?

Ein Sprecher von US-Präsident Barack Obama sagte dagegen, sein Land werde die Besorgnis über die Urananreicherung auf jeden Fall zur Sprache bringen. Die Gespräche werden unter Leitung von EU-Chefdiplomat Javier Solana auf der Ebene der politischen Direktoren geführt.

IAEA-Chef Mohammed ElBaradei sagte unterdessen, der Iran habe die Behörde zu spät über den Bau der zweiten Urananlage informiert. "Der Iran hätte uns noch an dem Tag informieren müssen, an dem der Bau der Anlage beschlossen wurde", sagte ElBaradei CNN-India. Der Iran hatte die IAEA am 21. September über die Atomfabrik in Kenntnis gesetzt. Nach Einschätzung westlicher Staaten kam er damit der Enthüllung des seit mehr als drei Jahren im Bau befindlichen Projekts nur zuvor. Die verzögerte Meldung der Anlage sei ein Rückschlag für das Prinzip der Transparenz und für die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, Vertrauen zum Iran zu fassen, fügte ElBaradei hinzu.

Westlichen Diplomaten zufolge befindet sich die Anlage tief in einem Berg auf einer von den Revolutionswächtern kontrollierten früheren Raketenbasis nahe der schiitischen Pilgerstadt Kom. Der Iran hat erklärt, in der Anlage solle genau wie in der Atomfabrik von Natans lediglich Uran zur zivilen Nutzung angereichert werden. Es habe keine Verpflichtung bestanden, die IAEA zu informieren.

Die Zeitung "Financial Times" berichtete, der britische Geheimdienst gehe davon aus, dass der Iran bereits an einem nuklearen Sprengkopf arbeitet.

Quelle: ntv.de, AFP/rts

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