Politik

"Vom gekochten Huhn ausgelacht" Irans Opposition kritisiert Prozesse

Nach dem Beginn der Prozesse gegen iranische Regierungskritikerweist die wichtigste Oppositionspartei die Anklagepunkte zurück: "Die Anklage ist politisch motiviert und illegal". Im Iran stehen etwa 100 prominente Oppositionelle vor Gericht. Es ist das erste Mal seit der Islamischen Revolution 1979, dass sich Dutzende Ex-Minister, Vize-Präsidenten und Abgeordnete vor Gericht verantworten müssen. Ihnen droht die Todesstrafe.

Unter den Angeklagte ist auch der ehemalige iranische Vizepräsident Mohammed Ali Abtahi (2. von links vorne).

Unter den Angeklagte ist auch der ehemalige iranische Vizepräsident Mohammed Ali Abtahi (2. von links vorne).

(Foto: REUTERS)

Nach dem Beginn der Prozesse gegen Regierungskritiker im Iran hat die wichtigste Oppositionspartei die Anklagepunkte zurückgewiesen. "Die Anklage ist politisch motiviert und illegal", erklärte die Teilnahmefront. Das Verfahren sei "eine lächerliche Show, die selbst von einem gekochten Huhn ausgelacht werden würde".

Die Front wurde von dem ehemaligen Präsidenten Mohammed Chatami ins Leben gerufen. Der unterlegene Präsidentschaftskandidat Mirhossein Mussawi wies den Vorwurf zurück, die Unruhen nach der umstrittenen Präsidentenwahl seien vom Ausland angezettelt worden. "Bei der Wahl wurden die Rechter der Iraner verletzt", schrieb er auf seine Website.

Zehntausende gingen Mitte Juni auf die Straße

Zehntausende gingen Mitte Juni auf die Straße

(Foto: dpa)

 

Bei den Verfahren stehen etwa 100 prominente Kritiker der Regierung vor Gericht, darunter einflussreiche Persönlichkeiten des Reformlagers. Zu den Angeklagten zählten bedeutende Persönlichkeiten wie etwa ein enger Mitarbeiter des früheren Präsidenten Mohammed Chatami. Sie sollen mit der Planung der Unruhen nach der Wahl sowie von Angriffen auf militärische und staatliche Gebäude gegen die nationale Sicherheit gehandelt haben. Bei einer Verurteilung müssen sie mit der Todesstrafe rechnen. Zuletzt waren während der Islamischen Revolution 1979 im Iran Dutzende frühere Minister, Vize-Präsidenten und Abgeordnete öffentlich angeklagt worden.

"Störung der öffentlichen Ordnung"

Die "Krawallmacher" müssten sich vor einem Revolutionsgericht in Teheran wegen Angriffen auf die nationale Sicherheit, Störung der öffentlichen Ordnung und Vandalismus verantworten, berichtet die amtliche Nachrichtenagentur Irna. Der Agentur zufolge wurden einige der Angeklagten bei ihren Taten fotografiert worden. Nach weiteren flüchtigen Verdächtigen werde gesucht. Am Mittwoch hatte Irna weitere Vorwürfe gegen die Angeklagten aufgeführt: Sie hätten Verbindungen zu "anti-revolutionären Gruppen" gepflegt, Waffen getragen und ausländische Medien mit Bildmaterial versorgt.

Die Unruhen waren ausgebrochen, nachdem Präsident Mahmud Ahmadinedschad nach der Abstimmung Mitte Juni offiziell zum Sieger ausgerufen worden war. Mussawi und andere Kritiker halten das Ergebnis für gefälscht.

2000 Festnahmen

Angeklagte in Gefängniskluft vor dem Revolutionsgericht.

Angeklagte in Gefängniskluft vor dem Revolutionsgericht.

(Foto: REUTERS)

Die iranischen Sicherheitskräfte hatten bei den Protesten gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad Mitte Juni zunächst rund 2000 Demonstranten festgenommen. Derzeit sind noch rund 250 von ihnen in Haft.

Die Opposition erkennt den Wahlsieg von Präsident Mahmud Ahmadinedschad nicht an und spricht von massiver Manipulation bei der Abstimmung Mitte Juni. Mindestens 20 Menschen kamen nach offiziellen Angaben bei den zum Teil gewaltsam niedergeschlagenen Demonstrationen ums Leben.

 

Amnesty fordert faire Verfahren

 

Amnesty International forderte indes die Führung in Teheran auf, keine Schauprozesse abzuhalten. "Wir werden darauf achten, dass es nicht dazu kommt. Es müssen faire Verfahren durchgeführt werden", sagte die neue Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Monika Lüke, der "Berliner Zeitung".

Amnesty fordert von der iranischen Führung die Freilassung der politischen Gefangene. In den Gefängnissen dürfe nicht mehr gefoltert werden und die Pressefreiheit müsse wieder hergestellt werden. "Zudem müssen diejenigen, die für die Tötung von Personen verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden, verlangte die Amnesty-Generalsekretärin", sagte Lüke.
 

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa/rts

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