Politik

Europa ist erleichtert Irisches Ja mit Zähneknirschen

Eine "Ja"-Befürworterin verfolgt die Auszählung.

Eine "Ja"-Befürworterin verfolgt die Auszählung.

(Foto: REUTERS)

Irland verankert sich fest in der EU. Bei einem Referendum stimmen die Menschen in dem schuldengeplagten Land mit großer Mehrheit für den Beitritt zum europäischen Fiskalpakt. Europa bleibt damit eine Blamage beim einzigen Volksentscheid zu der Frage erspart.

Der Fiskalpakt

Mit dem am 2. März in Brüsselunterschriebenen Vertrag verpflichten sich die Unterzeichnerländer, striktere Haushaltsdisziplinzu befolgen als bisher vereinbart. So darf das strukturelle Defizit fortan die Grenzevon 0,5 Prozent des BIP nicht überschreiten - anstatt wie nach EU-Recht bislang1,0 Prozent.

Die Unterzeichner sollennach dem Vorbild Deutschlands eine verpflichtende Schuldenbremse im nationalen Rechtverankern.

Im Fall eines Verstoßesgegen die Regeln werden automatisch Strafverfahren ausgelöst, die nur durch ausdrücklichesMehrheitsvotum der Unterzeichnerstaaten gestoppt werden können. Verankert ein Landdie Schuldenbremse nicht im nationalen Recht, droht eine Klage vor dem EuropäischenGerichtshof und die Zahlung einer Geldbuße von bis zu 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Nur wer den Fiskalpakt einhält,soll Hilfszahlungen aus dem ESM bekommen können. Kern der Unterzeichner-Länder sinddie 17 Euro-Staaten, hinzu kommen acht Nicht-Euro-Länder. Großbritannien und Tschechienbeteiligen sich bislang nicht.

Das "Ja" der Iren zum europäischen Fiskalpakt hat in Europa Erleichterung hervorgerufen. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erklärte, mit dem Votum hätten die Iren ihre Zustimmung zu einem engeren Zusammenwachsen Europas gegeben. Der irische Regierungschef Enda Kenny bezeichnete den Pakt für mehr Haushaltsdisziplin als einen "Grundstein", um die Wirtschaft in Europa für die Zukunft zu wappnen.

Die Iren stimmten mit deutlicher Mehrheit für eine Beteiligung ihres Landes am europäischen Fiskalpakt. Dem offiziellen Ergebnis zufolge votierten 60,3 Prozent der Iren für den Vertrag. Dieser sieht eine striktere Budgetdisziplin und verpflichtende Schuldenbremsen vor. Bei Verstößen drohen automatische Strafverfahren. Kenny hatte vor dem Referendum gewarnt, dass Irland im Falle einer Ablehnung des Vertrags künftig keine europäischen Hilfen mehr bekäme.

"Der Vertrag wird nicht alle Probleme dieses Landes lösen, aber er ist einer der Grundsteine, die wir brauchen, um sicherzustellen, dass unsere Wirtschaft in der Zukunft auf sicheren Beinen steht", sagte Kenny nach der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses. Die Iren hätten mit ihrem "Ja" ihr "Verständnis" und ihren "Pragmatismus" unter Beweis gestellt, ergänzte er. Auch zahlreiche seiner Regierungsmitglieder zeigten sich erfreut.

Freude in Brüssel und Berlin

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gratulierte Kenny und begrüßte das Ergebnis als "wichtigen Schritt" hin zur wirtschaftlichen Erholung Irlands. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sprach von einem "wichtigen Tag für Irland und die Europäische Union".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gratulierte Kenny telefonisch, wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte. "Das Ergebnis des Referendums stärkt den gemeinsamen Kurs der Eurozone zur Schaffung einer neuen, dauerhaften Stabilitätsunion", erklärte sie. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach von einem "guten Zeichen für Europa" und mahnte eine zügige Ratifizierung durch Berlin an.

Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erklärte, das "Ja" der Iren sei ein "positives Signal" für all jene, die den Pakt noch nicht ratifiziert hätten. In Deutschland müssen Bundestag und Bundesrat mit einer Zweidrittel-Mehrheit zustimmen. Merkel braucht daher auch Stimmen aus der Opposition, die dafür aber Bedingungen stellt. Im Kanzleramt fanden am Freitag erneut Verhandlungen über den Fiskalpakt statt.

Irland war das einzige EU-Land, in dem eine Volksabstimmung stattfand. Der Fiskalpakt an sich hing aber nicht von der Entscheidung ab; er tritt in Kraft, wenn ihn zwölf Euro-Länder ratifiziert haben. Als einzige EU-Mitglieder wollen Großbritannien und Tschechien außen vor bleiben.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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