Hausaufgaben für die Ferien Irland will Vorschläge machen
17.06.2008, 16:17 UhrIrland will nach der Sommerpause Vorschläge für einen Ausweg aus der Krise machen, in die die EU nach dem Scheitern der irischen Volksabstimmung über den Vertrag von Lissabon geraten ist. "So wie ich es verstehe, wollen unsere irischen Freunde nach den Sommerferien einige Ideen vorlegen", sagte der derzeitige EU-Ratsvorsitzende, der slowenische Außenminister Dimitrij Rupel, in Luxemburg. Die Sommerpause der EU endet Anfang September.
Die EU-Außenminister hätten am Vortag beschlossen, "Solidarität" mit Irland zu zeigen, sagte Rupel. Dies bedeute aber, dass die irische Regierung eine Analyse der Gründe des Neins bei der Volksabstimmung und Vorschläge aus der Krise vorlege. Der EU-Gipfel, der am Donnerstag in Brüssel beginnt, wird sich mit der Krise um die neue Rechtsgrundlage der EU ebenfalls befassen.
Aus dem Europaparlament kam unterdessen scharfe Kritik an der irischen Regierung und dem irischen EU-Kommissar Charlie McCreevy. "Manche Regierungschefs haben den Vertrag besser erklärt als andere", sagte der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Martin Schulz. Der irische Premier Brian Cowen habe in den sechs Wochen seiner Amtszeit wenig getan, um den Iren den Vertrag zu erklären. Auch habe es EU-Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso versäumt, nach Irland zu reisen, um für den Vertrag von Lissabon zu werben.
"McCreevy geht lieber zu Pferderennen"
Scharfe Kritik übte Schulz am irischen Binnenmarkt-Kommisar McCreevy. Der "Deregulierungspapst" der Kommission habe kurz vor dem Referendum eingeräumt, er habe den EU-Vertrag nicht gelesen, weil er ihm zu "kompliziert" sei. Eine solche Äußerung sei ein "Skandal" - zumal seitens eines Kommissars, der "lieber zu Pferderennen geht als zu den Sitzungen des Europaparlaments". McCreevy habe die Iren für "dumm verkauft", kritisierte auch der Grünen-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit.
Cohn-Bendit, nannte den Vorschlag von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Direktwahl des künftigen Ratspräsidenten "begrüßenswert". Er forderte eine europaweite Konsultation der Bürger über den Präsidenten der EU-Kommission, die auch ohne den Vertrag von Lissabon möglich wäre. "Das würde endlich eine europaweite Debatte über die Ziele der Union in Gang setzen, da die Kandidaten ihre Ziele erklären müssten", sagte er.
Schulz kritisierte mangelnde Begeisterung für Europa bei den EU-Regierungen. Enthusiastisch seien heute nur die Europa-Gegner, sagte der deutsche Sozialdemokrat. "Die rennen die Treppen hinauf, die sind vital." Den politischen Führern der EU-Staaten fehle es hingegen an "Leidenschaft" für Europa. Sie hätten den Bürgern nicht ausreichend erläutert, dass die EU angesichts der großen Herausforderungen wie Klimawandel und Wirtschaftskrise eine Notwendigkeit sei.
Tories wollen Vertrag stoppen
Einen Tag vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel wollen die oppositionellen britischen Konservativen die Ratifizierung des EU-Vertrags von Lissabon im Oberhaus stoppen. Nach dem Nein beim irischen Referendum wollen die Tories, dass Großbritannien noch einmal Zeit bekommt, über Änderungen nachzudenken. Der EU-Reformvertrag liegt dem House of Lords an diesem Mittwoch zur abschließenden Debatte vor. Sollte er durchgewunken werden, ist er praktisch ratifiziert, und der britische Premierminister Gordon Brown könnte am Donnerstag beim Gipfel in Brüssel einen Erfolg präsentieren.
Die Konservativen werden den Vertrag vermutlich kaum ablehnen können, aber möglicherweise versuchen, die Ratifizierung bis zum Herbst zu verzögern, erklärte ein Oberhaussprecher. Als Datum dafür wurde der 20. Oktober genannt. "Wenn die Regierung nicht den demokratischen Weg geht und die dritte Lesung nach hinten schiebt, werden wir sicherlich versuchen, das per Abstimmung festzulegen", sagte der Vizechef der konservativen Oberhausmitglieder, Lord Howell.
Doch müssen die Tories dabei wohl auf die Unterstützung der unabhängigen Oberhausmitglieder hoffen, da sich neben den Lords der Regierungspartei Labour auch die Liberaldemokraten für die Ratifizierung des Lissabon-Vertrages ausgesprochen haben. Lord Howell argumentierte, eine Verzögerung würde die britische Position beim zweitägigen Brüssel-Gipfel stärken. Brown habe dann noch Spielraum für Nachverhandlungen.
Insgesamt haben die Konservativen bereits zwölf Mal erfolglos versucht, das Ratifizierungsverfahren zu ändern. Zuletzt wurde vergangene Woche ihr Vorhaben mit 280 zu 218 Stimmen abgelehnt, ein Referendum über den EU-Vertrag abzuhalten.
Quelle: ntv.de