Indonesiens Terrorangst Islamist in Haft
19.10.2002, 08:57 UhrDer radikale indonesische Islamist Abu Bakar Ba'asyir ist am Samstag von der Polizei auf Java festgenommen worden.
Der 64-jährige Leiter einer Islamschule, der unter Terrorverdacht steht, sei in einem Krankenhaus der zentraljavanischen Stadt Solo in Gewahrsam genommen worden, teilte die indonesische Polizei mit. Zuvor war Ba'asyir nicht zu einem geplanten Verhör in Jakarta erschienen. Er war am Freitag mit Atemproblemen in die Klinik gebracht worden. Die Nachricht über die Erkrankung des Islamisten war jedoch mit Skepsis aufgenommen worden.
Die Polizei wollte Ba'asyir, der als Anführer der Organisation Jemaah Islamiyah gilt und ein Verehrer von Osama bin Laden ist, zu Vorwürfen im Zusammenhang mit Terroraktivitäten in ganz Südostasien befragen. Ein 31-jähriger Kuwaiter, der als Terrorverdächtiger von den USA festgenommen wurde, hat Ba'asyir belastet. Die australische Regierung hatte nach den Bombenanschlägen auf Bali vor einer Woche einen Verdacht gegen die Jemaah Islamiyah geäußert.
In einem Zeitungsinterview hatte Baasyir zuvor noch jede Beteiligung an dem Anschlag bestritten. Stattdessen steckten die USA dahinter, sagte der Islamistenführer der britischen Tageszeitung „Daily Mirror“. Nach seiner Ansicht hatten Amerikaner Indonesier beauftragt. Nach der Bluttat vom vergangenen Wochenende war Baasyir bereits von der indonesischen Polizei verhört, mangels Beweisen jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
Warnung vor neuen Anschlägen
Die australische Regierung hat am Samstag vor Anschlägen in Jakarta gewarnt und erneut ihre Bürger eindringlich aufgefordert, Indonesien zu verlassen. In einer Reisewarnung des Außenministeriums hieß es, belebte Gegenden in der Hauptstadt, vor allem von westlichen Besuchern gerne frequentierte Unterhaltungsbezirke, sollten unbedingt gemieden werden.
Außenminister Alexander Downer sagte, der Geheimdienst habe von Bombendrohungen in Stadtteilen berichtet, in denen westliche Ausländer lebten. Für den Fall der Verhaftung radikalislamischer und extremistischer Führer müsse mit einer „heftigen Reaktion ihrer Anhänger, einschließlich möglicher Demonstrationen“ gerechnet werden, hieß es weiter.
Erste australische Leiche zurückgebracht
Eine Woche nach dem Anschlag auf Bali ist die erste Leiche eines der australischen Opfer in die Heimat zurückgebracht worden. Der in die Landesfahne gehüllte Sarg traf am Samstag in Adelaide ein. Bei der Toten handelt es sich um Angela Golotta, die am vergangenen Donnerstag 20 geworden wäre. Nach offiziellen Angaben wurden bei dem Anschlag 103 Australier getötet oder gelten noch als vermisst.
Notstandtsdekret in Indonesien
Nach dem Bombenanschlag auf Bali hatte die indonesische Regierung einen Erlass über Notstandsmaßnahmen zur Terrorbekämpfung beschlossen. Justizminister Yusril Izha Mahendra kündigte nach Verzögerungen im Kabinett an, dass der neue Erlass greifen werde.
Konkrete Texte liegen bisher nicht vor. In ersten Entwürfen war vorgesehen, die Möglichkeiten zur Inhaftierung von Verdächtigen zu vereinfachen. Sie können demnach schon auf der Basis von Geheimdienstinformationen über geplante Terroranschläge mindestens drei Tage lang festgehalten werden. Auf tatsächliche Attentate könnte lebenslange Haft oder gar die Todesstrafe stehen.
Angst vor Anschlägen auch in Malaysia
Zuvor hatte der malaysische Ministerpräsident Mahathir Mohamed vor Terror-Anschlägen in seinem Land gewarnt. Wie auf Bali und den Philippinen könnten Extremisten auch in Malaysia zuschlagen, sagte der Regierungschef bei einem Besuch in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Es gebe jedoch keinen Grund zur Panik. Malaysia sei ein "sicheres und stabiles Land" und habe frühzeitig Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.
Bundesregierung fordert zur Abreise auf
Das Auswärtige Amt in Berlin empfahl den Deutschen in Indonesien, das Land zu verlassen. Wegen neuer Terrorwarnungen seien die Sicherheitshinweise verschärft worden, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Touristische oder sonst nicht notwendige Reisen nach Indonesien sollten deshalb auch gar nicht erst angetreten werden. Auch die Regierungen anderer westlicher Länder empfahlen, das Land zu verlassen.
Quelle: ntv.de