Bei Gaucks Besuch in Palästina Israel übergibt Gebeine
31.05.2012, 13:18 UhrDie sterblichen Überreste von in Israel gestorbenen Palästinensern werden an deren Landsleute übergeben. Anlass ist der Besuch von Bundespräsident Gauck. Für die Israelis ist es ein schwerer Schritt: Die Gestorbenen werden zu Hause als Helden verehrt.
Zum Abschluss seiner Nahost-Reise hat Bundespräsident Joachim Gauck die Palästinensergebiete besucht. Im Amtssitz des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas in Ramallah wurde er mit höchsten protokollarischen Ehren empfangen. Israel übergab fast zeitgleich als Geste des guten Willens die sterblichen Überreste von 91 Palästinensern. Sie waren im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte im Kampf gegen Israel und bei Selbstmordanschlägen getötet und in Israel begraben worden.
In dem Dorf Burin hatte Gauck am Morgen eine mit deutschen Geldern gebaute Mädchenschule eröffnet. Dort sollen künftig bis zu 480 Schülerinnen unterrichtet werden. Das Dorf Burin liegt auf palästinensischem Gebiet, aber in der Nähe von zwei israelischen Siedlungen. "Bildung ist die Voraussetzung für das friedliche Zusammenleben im eigenen Land und zwischen den Völkern", sagte Gauck bei der Einweihung.
"Deutschland bekennt sich nachdrücklich zur Zwei-Staaten-Lösung und unterstützt die Schaffung eines eigenständigen palästinensischen Staates", sagte Gauck nach einem Gespräch mit Abbas. Er sei sich mit Abbas einig gewesen, dass nur Verhandlungen und niemals Gewalt zu diesem Ziel führen werden, so Gauck. Zum Stand des Friedensprozesses im Nahen Osten sagte Gauck, es sei wichtig, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. Er habe Israel bei seinen Unterredungen in Jerusalem zu Zurückhaltung in der Siedlungspolitik aufgefordert. Eine Lösung des Konflikts müsse die Rechte und Ansprüche beider Seiten berücksichtigen. Kritik an Israel vermied der Bundespräsident.
Abbas dankte für die deutsche Unterstützung bei der Forderung nach der Zwei-Staaten-Lösung ebenso wie für die wirtschaftliche Hilfe. Das Haupthindernis für eine Lösung des Konflikts sei "die Beharrlichkeit der israelischen Regierung, den Siedlungsbau fortzusetzen". In Israel hatte Gauck die deutsch-israelische Freundschaft und das gemeinsame Wertefundament beider Länder bekräftigt, aber auch die Siedlungspolitik des jüdischen Staates deutlich kritisiert. Sie gilt als eines der Hindernisse für die Umsetzung einer Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern.
Israel will neue Verhandlungen
Israel betonte, die Übergabe der Gebeine sei als vertrauensbildende humanitäre Geste gedacht, die dazu beitragen solle, den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen. "Israel steht für die sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen ohne Vorbedingungen bereit", sagte der Sprecher von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Mark Regev.
Die Gebeine von zwölf Toten wurden nach Angaben der radikalislamischen Hamas in den Gazastreifen gebracht, die anderen in den Präsidentensitz Mukata in Ramallah. Dort sollen die Getöteten als Märtyrer der palästinensischen Sache geehrt werden. Beigesetzt werden sie später im Familienkreis in ihren Heimatorten.
Die Rückführung der Toten war für Israel nicht einfach, weil die Palästinenser die Attentäter unter den Toten als Helden ehren, die viele israelische Zivilisten mit in den Tod gerissen hatten.
Quelle: ntv.de, dpa