Waffenruhe in Sicht Israel will verhandeln
07.01.2009, 21:01 UhrIsrael will mit Ägypten über eine dauerhafte Waffenruhe im Gazastreifen verhandeln. Eine Delegation unter der Leitung von Amos Gilad, einem Spitzenberater von Verteidigungsminister Ehud Barak, werde nach Medienberichten bereits am Donnerstag nach Kairo reisen und in den nächsten Tagen "intensive Gespräche" über die jüngste französisch-ägyptische Initiative für eine Waffenruhe führen, heißt es aus Israel. Auch Ahmed Jussuf, ein Berater des Hamas-Spitzenpolitikers Ismail Hanija, hielt eine Waffenruhe "innerhalb von 48 Stunden" für möglich.
Ein Sprecher des israelischen Ministerpräsidentenamtes wollte die Medienberichte nicht kommentieren.
Bei den Gesprächen in Kairo soll es demnach unter anderem um Vereinbarungen gehen, die dazu führen sollen, dass der Schmuggel von Waffen für die radikal-islamische Hamas über die Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen auf wirksame Weise unterbunden wird. Jussuf sagte der Presse: "Im Lichte der laufenden diplomatischen Bemühungen bin ich überzeugt, dass beide Seiten innerhalb der nächsten 48 Stunden eine wechselseitig annehmbare Formel finden werden."
Der französisch-ägyptische Vorschlag, den Präsident Husni Mubarak am Dienstag in Scharm el Scheich vorgestellt hatte, sieht eine unverzügliche Waffenruhe vor. Im Anschluss daran sollten umgehend Gespräche über die Sicherung der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen, aber auch über die Aufhebung der israelischen Blockade des Gazastreifens beginnen. Auch die Versöhnung zwischen den verfeindeten Palästinenserfraktionen – der Hamas und der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas – soll wieder in Gang gesetzt werden.
Gaza-Krieg geht weiter
Nach einer dreistündigen Feuerpause hatte Israel seine Angriffe in Gaza wieder aufgenommen. In Seitun, einem Viertel von Gaza-Stadt, seien bei einem Bombardement der israelischen Armee am Nachmittag zwei Menschen getötet worden, berichteten Augenzeugen. Israel hatte zugesagt, die Angriffe in der Gegend um Gaza aus "humanitären Gründen" zwischen 12.00 Uhr und 15.00 Uhr MEZ zu unterbrechen. Postwendend wurden aus dem Gazastreifen auch wieder Raketen auf Israel abgeschossen. Zwei Raketen seien auf die Stadt Beerscheba gefeuert worden, teilte die israelische Armee mit. Dabei sei jedoch niemand verletzt worden.
Die Bewohner von Gaza nutzten die Feuerpause, um sich nach den vorangegangenen heftigen Gefechten mit Lebensmitteln zu versorgen. Nach Angaben eines israelischen Militärsprechers sollte die Feuerpause außerdem Hilfslieferungen in den Gazastreifen und die Arbeit der Hilfsorganisationen vor Ort erleichtern. 80 Lastwagen sollten demnach Hilfsgüter und Treibstoff nach Gaza transportieren.
Viele Kinder unter den Opfern
Die Zahl der palästinensischen Todesopfer ist nach Angaben der Behörde seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 27. Dezember auf 700 gestiegen. Weitere 3100 Menschen seien verletzt worden. Ein Drittel der Todesopfer sind nach Angaben von Ärzten Kinder. Wie der Chef der Rettungskräfte von Gaza, Muawija Hassanein, mitteilte, waren 220 der Toten jünger als 16 Jahre. Die internationale Organisation "Save the Children" äußerte unterdessen ihre "wachsende Besorgnis" über die Zahl von Kindern, die mit ihren Familien vor den israelischen Bombardements flüchten müssten. Die Hilfsorganisation fürchtet einen weiteren Anstieg der Opferzahlen. Der Gazastreifen ist mit seinen 1,5 Millionen Bewohnern eines der dichtbesiedelsten Gebiete der Welt. Da die Grenzen abgeriegelt sind, gibt es keine Fluchtmöglichkeiten.
Deutschland würde helfen
Deutschland hat Bereitschaft signalisiert, sich an der Absicherung eines Waffenstillstandes im Gazastreifen zu beteiligen. Natürlich stehe Deutschland zu seiner Verantwortung, wenn nach internationaler Abstimmung "bestimmte Maßnahmen" anstünden, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. Zwingende Voraussetzung dafür sind nach Ansicht der Regierung aber ein Ende der Raketenangriffe der Hamas auf Israel sowie die Zustimmung beider Seiten zu einer internationalen Präsenz.
Die Bundesregierung warnte daher vor einer übereilten Diskussion. Jetzt schon über die Entsendung von Beobachtern oder Truppen zu sprechen, sei deutlich verfrüht, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Jens Plötner. Zunächst müssten die Vereinten Nationen und die Beteiligten vor Ort die weiteren Schritte klären.
Gaza mit KZ verglichen
Der Menschenrechtsbeauftragte des Vatikan, Kurienkardinal Renato Martino, verglich den Gazastreifen mit einem Konzentrationslager. Die Lage in dem Palästinensergebiet ähnele zusehends einem großen KZ, sagte Martino in einem Interview für "Il Sussidiario". Das israelische Außenministerium warf Martino vor, die Verbrechen der Hamas zu ignorieren. Der Präsident des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden fügte hinzu, keine der beiden Konfliktparteien berücksichtige die Interessen der anderen. Die Folgen dieses "Egoismus" seien "Hass auf den anderen, Armut, Ungerechtigkeit". Leidtragende sei stets die Zivilbevölkerung.
Quelle: ntv.de