Wirbel um "Juki Net" Japaner gegen Nummerierung
06.08.2002, 13:45 UhrIn Japan sorgt ein nationales Computersystem zur Registrierung der Bevölkerung für Unmut. Mit dem "Juki Net" genannten System erhält jeder Bürger eine elfstellige Nummer, mit der Informationen zu seiner Person wie Name, Adresse und Geschlecht elektronisch erfasst werden. Die Einspeisung der Einwohnermeldedaten in eine von der Zentralregierung in Tokio gesteuerte Computerdatenbank soll die Arbeit der Behörden im ganzen Land vereinfachen und die Effizienz erhöhen.
Die meisten Bürger und etliche Gemeinden befürchten aber Eingriffe in die Privatsphäre und Missbrauch persönlicher Daten durch Unbefugte. Kritiker warnen auch davor, dass die Regierung mit Hilfe der Daten Druck auf Oppositionelle ausüben könnte oder dass die zentralisierte Datenbank bei Hackern Begehrlichkeiten wecken werde. Laut Umfragen hatte die große Mehrheit der Japaner gefordert, den Start des Computersystems zu verschieben, bis strengere Gesetze zum Schutz persönlicher Daten der 127 Mio. Japaner erlassen worden sind.
Die Bürgermeister von mindestens fünf Gemeinden weigerten sich, sich an "Juki Net" zu beteiligen. Andere Orte wollen ihre Einwohner alle einzeln entscheiden lassen, ob die Daten registriert werden dürfen. "Mit diesem System gerät die japanische Bevölkerung in einen Gefängnis-Staat", wetterte der Sozialkritiker Makoto Sataka.
Der Protest fiel zum Teil recht radikal aus: Bei Regierungschef Junichiro Koizumi und im Innenministerium gingen Drohbriefe mit beigefügten Schrotflintenkugeln ein. "Stoppt das System zur Codierung von Bürgern. Ihr werdet zur Hölle gehen", zitierte die Polizei aus den Schreiben. Auch Vergleiche mit den deutschen Nazis wurden laut. "Dieses System behandelt Individuen wie Dinge, nicht wie Menschen", kritisierte der Rechtsprofessor Hirohisa Kitano. Er befürchte eine Rückkehr zu einer Überwachung,, wie sie unter der japanischen Militärherrschaft im Zweiten Weltkrieg üblich gewesen sei. Eine Gruppe von Akademikern und Bürgerrechtlern reichte unterdessen Verfassungsklage ein. Ein bereits zugesagtes Datenschutzgesetz hatte die Regierung Koizumi nicht eingeführt, nachdem Journalisten und Kritiker erklärt hatten, der Entwurf werde eher die Medien mundtot machen als persönliche Daten schützen.
Nach Darstellung Tokios wird das Netzwerk es den Bürgern leichter machen, zum Beispiel Kindergeld oder Rente zu beantragen, ohne dass Formulare angefertigt werden müssten. Auch sei es illegal und verstoße gegen das Einwohnermeldergesetz, die Beteiligung an "Juki Net " zu verweigern. Die Regierung versicherte, es gebe keinen Grund zur Beunruhigung. Es seien ausreichende Schutzmaßnahmen getroffen worden. Sie habe ein Sicherheitssystem installiert, das verdächtige Zugriffe auf die Datenbank entdecken kann. Nachdem mehrere Gemeinden, darunter die Stadt Osaka und Orte in den Regionen Kyoto und Toyama, Computerfehler gemeldet hatten, mehren sich die Zweifel.
Quelle: ntv.de