Belastung für Arbeitnehmer wächst Jeder dritte Euro für Sozialleistungen
15.07.2009, 14:40 UhrDie Wirtschaftskrise hinterlässt ihre Spuren in den Sozialkassen: 2009 muss erstmals seit Jahren wieder deutlich mehr Geld für Soziales ausgegeben werden. Die Arbeitgeber ziehen sich dagegen immer mehr aus ihrer Verantwortung zurück.

Eine Rentenkürzung ist nach Meinung von Arbeitsminister Scholz derzeit nicht vertretbar.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
Infolge der Wirtschaftskrise steigen 2009 die Sozialleistungen erstmals nach längerer Pause wieder deutlich an. Der in Berlin gebilligte Sozialbericht der Bundesregierung weist einen Zuwachs um fast 33 Milliarden Euro auf voraussichtlich 754 Milliarden Euro aus. Das entspricht einem Zuwachs von 4,5 Prozent. In den Vorjahren hatte das Plus bei jeweils rund ein bis zwei Prozent gelegen.
Die Sozialleistungsquote - also das Verhältnis von Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu Sozialleistungen - dürfte dann bei 31,9 Prozent liegen und damit fast wieder den Höchstwert von 2003 mit 32,3 Prozent erreichen. In Deutschland wird damit bald wieder fast jeder dritte erwirtschaftete Euro für Soziales ausgegeben. Im vergangenen Jahr flossen etwa 720 Milliarden Euro oder 29 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Sozialleistungen.
Langsamerer Anstieg der Sozialausgaben bis 2012
Der Anstieg der Sozialausgaben sei in erster Linie Folge höherer rezessionsbedingter Ausgaben in der Arbeitslosenversicherung und der Grundsicherung für Arbeitsuchende, heißt es in dem Bericht. Außerdem spielten eine Reihe von Leistungsverbesserungen in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung eine Rolle. Hinzu komme das Kindergeld, der Familienleistungsausgleich, die Ausbildungsförderung, das Wohngeld sowie die Kinder- und Jugendhilfe.
Bis 2012 wird sich der Anstieg der Sozialleistungen wieder deutlich verlangsamen, wie in dem Sozialbericht prognostiziert wird. Nach einer Modellrechnung würden 2012 voraussichtlich rund 790,1 Milliarden Euro für Soziales ausgegeben.
Arbeitgeber ziehen sich zurück
Der Sozialbericht legt zudem die Schlussfolgerung nahe, dass sich immer mehr Arbeitgeber aus der Finanzierung des Sozialstaates zurückziehen. Die von ihnen aufgebrachten Sozialbeiträge trugen demnach im vergangenen Jahr 33,3 Prozent zur Finanzierung des Sozialbudgets bei. Das sind 1,6 Prozentpunkte weniger als 2002.
Dagegen ist der Finanzierungsanteil der Versicherten, darunter vor allem die Arbeitnehmer, im gleichen Zeitraum stetig gestiegen. Ihre Sozialbeiträge trugen 2008 mit 26,9 Prozent zur Finanzierung der Ausgaben etwa auf dem Arbeitsmarkt sowie für Gesundheit und Pflege bei. 2002 lag ihr Anteil noch bei 25,8 Prozent. Bis 2012 wird der Arbeitgeberanteil dem Bericht zufolge auf 32,3 Prozent sinken, der Versichertenanteil betrage dann 26,7 Prozent.
SPD: Rentenkürzung nicht vertretbar
Trotz der gestiegenen Ausgaben ist eine Senkung der Renten nach Ansicht von Bundessozialminister Olaf Scholz derzeit nicht verantwortbar. Angesichts der Wirtschaftsleistung in Deutschland sei ein solcher Schritt derzeit auch keinesfalls notwendig, sagte der SPD-Minister.
Im Übrigen habe die Rentenversicherung derzeit wieder ein Polster von 16 Milliarden Euro, sagte Scholz. Dies entspreche einer Monatsausgabe der Rente. Mit diesem Polster könne man entspannt in die Zukunft schauen. Eine Rentenkürzung sei angesichts eines solchen Polsters nicht vermittelbar. Die harten Reformen im Sozialsystem der vergangenen Jahre hätten sich gelohnt. Deshalb sei es jetzt auch möglich, eine Rentengarantie auszusprechen.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts