Politik

"Außergewöhnliche Maßnahmen" Jemen fährt Sicherheit hoch

Frachtflugzeug auf dem Flughafen Köln/Bonn.

Frachtflugzeug auf dem Flughafen Köln/Bonn.

(Foto: Reuters)

Der Jemen will Luftfracht künftig stärker kontrollieren, westliche Länder haben den Luftfrachtverkehr aus dem arabischen Land bereits gestoppt. Eine Verdächtige wird von den Behörden im Jemen wieder aus der Haft entlassen. Die USA sehen Parallelen zum Fall des sogenannten Unterhosenbombers.

Nach dem Fund von zwei Paketbomben aus dem Jemen mit Zielort USA wollen die jemenitischen Behörden ihre Sicherheitsvorkehrungen massiv verstärken. Sämtliche Fracht, die die Flughäfen des Landes verlasse, werde künftig "außergewöhnlichen" Sicherheitsmaßnahmen unterzogen, berichtete die amtliche jemenitische Nachrichtenagentur Saba. Die nationale Kommission für die Flugsicherheit wolle damit dem "Vorgehen terroristischer Organisationen" entgegentreten.

In der Nacht zum Freitag waren aus dem Jemen abgeschickte Pakete mit funktionsfähigen Sprengsätzen in Frachtmaschinen auf dem mittelenglischen Flughafen East Midlands und in Dubai entdeckt worden. Die Pakete waren an Synagogen im Raum Chicago adressiert; das in East Midlands beschlagnahmte Paket war auf dem Kölner Flughafen umgeladen worden. Der Fund der Paketbomben versetzte die Sicherheitsbehörden weltweit in Alarmbereitschaft.

In der Bundesrepublik, Großbritannien, den USA und Frankreich wurde als Konsequenz aus den Bombenfunden vom Freitag der gesamte Luftfrachtverkehr aus dem Jemen gestoppt. "Wir lassen keinerlei Luftpostpakte und Fracht aus dem Jemen mehr nach Deutschland", sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer.

"Totale Sicherheit" gibt es nicht

Das Bundesverkehrsministerium warnte vor der Vorstellung, man könne hundertprozentige Sicherheit gewährleisten. Die "totale Sicherheit" könne es nicht geben, doch arbeite sein Ministerium "mit Hochdruck" an ihrer Verbesserung, sagte der für die Luftverkehrssicherheit zuständige Parlamentarische Staatsekretär im Bundesverkehrsministerium, Jan Mücke, der "Leipziger Volkszeitung". Dazu gehöre die rasche Umsetzung der seit April zwischen EU und USA geltenden "Verordnung 300" zur Garantie einer "sicheren Lieferkette".

Entsprechend der Verordnung müssten rund 25.000 Unternehmen in Deutschland bis Anfang 2013 Sicherheitsprogramme vorlegen, die durch lückenlose Kontrollen einen sicheren Transport von Fracht garantieren. Wo dies nicht möglich sei, müsse die Fracht an den Flughäfen durchleuchtet werden.

De Maizière räumt Versäumnisse ein

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte zuvor bereits eingeräumt, dass Luftfracht "relativ wenig" kontrolliert werde. Die Terroristen hätten diese Lücke erkannt.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), wertet die Sprengsätze in den Luftfrachtpaketen als Beleg dafür, dass Deutschland nach wie vor im Visier der Terroristen steht. Die deutschen Behörden müssten nun genau ihr Sicherheitskonzept überprüfen und gegebenenfalls anpassen, forderte Bosbach in der "Berliner Zeitung". Sie sollten prüfen, ob die Flugverbindungen nach Jemen ausgesetzt werden sollten. "Der Jemen hat sich längst wie das afghanisch-pakistanische Grenzgebiet zu einem Rückzugsort für Terroristen entwickelt", sagte Bosbach. "Deshalb dürfen wir im Kampf gegen den Terrorismus nicht nachlassen."

Verdächtige nach Verhören entlassen

Kommilitonen der festgenommenen Studentin bei einer Kundgebung vor der Universität in Sanaa.

Kommilitonen der festgenommenen Studentin bei einer Kundgebung vor der Universität in Sanaa.

(Foto: dpa)

Im Jemen wurde unterdessen eine Verdächtige am Sonntag wieder auf freien Fuß gesetzt, da ihre zunächst vermutete Komplizenschaft auch nach längeren Verhören nicht erwiesen wurde. Die 22-jährige Studentin war am Samstag im Rahmen der Ermittlungen als Tatverdächtige festgenommen worden. Die Verhöre und Befragungen hätten ergeben, dass sie "die falsche Person" gewesen sei, sagte ein Angehöriger des Sicherheitsdienstes.

Nach Angaben der jemenitischen Regierung hatte eine bei einer der Bomben gefundene SIM-Karte für Mobiltelefone die US-Ermittler auf die Spur der jungen Frau geführt. Dagegen hatte ihr Anwalt die Ansicht vertreten, dass die junge Frau Opfer eines Identitätsdiebstahls war.

USA sehen Zusammenhang zu Unterhosenbomber

Bei der Fahndung nach den Hintermännern haben die US-Behörden ihr Augenmerk inzwischen auf den Saudi Ibrahim Hassan al-Asiri gerichtet, der als eine der führenden Figuren der Terrororganisation Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel gilt. In den Paketbomben war nach Medienberichten der Sprengstoff PETN enthalten, den auch der sogenannte Unterhosenbomber Omar Farouk Abdulmutallab dabei hatte, als er Weihnachten 2009 ein Passagierflugzeug über Detroit in die Luft jagen wollte.

Ibrahim Hassan al-Asiri auf einem Bild des jemenitischen Innenministeriums.

Ibrahim Hassan al-Asiri auf einem Bild des jemenitischen Innenministeriums.

(Foto: AP)

Nach US-Medienberichten wurden die Pakete aus dem Jemen nur durch einen Hinweis des saudi-arabischen Geheimdienstes entdeckt und nicht bei regulären Sicherheitschecks. Eine der beiden Bomben wurde in Dubai gefunden, der zweite Sprengsatz auf dem East-Midlands-Flughafen nahe Nottingham.

Das bei Nottingham gefundene Sprengstoffpaket wurde über Köln/Bonn transportiert, richtete sich nach Einschätzung von de Maizière aber nicht direkt gegen Deutschland. Rückschlüsse auf die Gefährdungslage könne man daraus nicht ziehen, sagte der Minister. "Deutschland ist genauso im Fokus wie andere auch."

Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa

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